Seifhennersdorf

Otto Moritz Kind 1892

In der „Geschichte von Seifhennersdorf“ heißt es:

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Verkehrsweſen.

A. Straßen.

Son von Alters her führte dur unſere Ortsgrenzen eine offene (d. h. ohne Zollbeſwerden) Landſtraße na Meißen. Dieſelbe, au Plunderſtraße genannt, kam von Gabel und Waltersdorf über den Galgenberg in Warnsdorf, beim oberen Hof daſelbſt und am Burgsberge vorbei, auf unſere Felder gegen Sönborn und ging na Rumburg. Dieſe Landſtraße mag in der Vorzeit nit ohne Witigkeit geweſen ſein; ihrer bedienten ſi die Fuhrleute, um den Zoll auf der hohen Straße über Zittau na Gabel zu umgehen. Deshalb wurde ſie wenigſtens zwiſen Warnsdorf und Waltersdorf verboten. Auf ihr nahm über Seifhennersdorf und Rumburg König Matthias II. 1611 mit ſeinem Gefolge ſeinen Weg na Bauen zur Huldigung, da in Zittau eine peſtartige Krankheit herrſte, weshalb man dieſe Straße au den Königsweg nannte.*) — 1804, den 16. Oktober Abends, langte der römiſe Kaiſer Franz II. mit ſeiner Gemahlin Maria Thereſia in Rumburg an und fuhr Tags darauf auf dieſer Straße hier dur. – Seit dem Jahre 1834 wurde dieſe Straße zollgeſetzli verboten und kam mehr und mehr in Verfall, iſt ſeitdem au dur Verkauf verſmälert worden und dient jetzt dem Fußverkehr.

Als Zollſtraße wählte man die im Anfang dieſes Jahrhunderts angelegte Straße öſtli vom Burgsberg auf dem Sattel zwiſen dieſem und dem Warnsdorfer Spitzberg.

Die Hauptſtraße dur den Ort führte ehemals von Rumburg her dur eine Furth bei Nr. 487 und 207 (Brüe daſelbſt 1846 gebaut) auf der Sönborner Seite an der ſogenannten Garküe (159) vorbei und kam unterhalb der Kire bei Nr. 569 wieder auf die jetzige Straße, ging dann am Wehre hin (Mauer 1877 gebaut) und abermals dur eine Furth dur das Seifener Waſſer zum Kretſam. Letztere Furth und die dur den weſtli davon fließenden Mühlgraben wurden 1851 dur Ernſt Gottfried Hempel überbrüt, was der Gemeinde einen Koſtenaufwand von 3,140 Thaler verurſate. Mit Rüſit auf dieſen Bau und die gerade damals au dur andere Straßenbauten entſtandenen Sulden wurde 1855 der Gemeinde ein Brüen- und Straßengeld bewilligt, weshalb man damals die Wegegeldeinnahme baute. Von dieſer Einnahme erhält unſer Ort ⁵/₁₀, Neuleutersdorf und Niederleutersdorf je ²/₁₀, Joſepsdorf ¹/₁₀. Auf dieſe Kretſambrüe legte man 1857 Steinbeleg.

Als die große Brüe na der Steinmühle zu von der Hauptſtraße aus gebaut werden ſollte, verkaufte die Gemeinde den 25. Februar 1721 vom niedern Viebige (Nr. 11) einen Bauplatz für 70 Thaler und durfte einen Theil der Kaufſumme zum Brüenbau verwenden. Dieſe Brüe war mit einem Brüenhaus (Nr. 98) verſehen, das 1862 abgetragen wurde.

Die ſogenannte Conrads-Brüe wurde 1850 gebaut. Die Gemeinde bewilligte dazu 125 Thaler. Ebenſo gab dieſelbe, als die obere Brüe 1859 maſſiv gebaut wurde, 350 Thaler. Die Brüe bei Nr. 374 im Oberdorf baute man 1892 mit einem Aufwand von 1750 Mk. einſließli Ufermauern und 177 Mk. Beitrag und Fuhren der Nabarn, während die Brüe am Eiſenbahnviadukt (bei Nr. 127) 1873 vom Baumeiſter Raby für 1750 Thaler hergeſtellt wurde.

Die Halbendorfer Brüe zerſtörte 1849 der Eisgang. Sie wurde dann überwölbt für 320 Thaler gebaut.

Eine große Verbeſſerung erfuhr die Hauptſtraße im Jahre 1881, als das Bötter Olbriſe Haus (Nr. 500) und 1889, als die Mittelſmiede (Nr. 485) abgebroen wurde. Au ſind ſeitdem die bedeutendſten Steigerungen derſelben dur Abgraben vermindert worden.

Die Gersdorfer Straße erbaute bis zu unſerer Ortsgrenze 1840 Johann Gottfried Junge in Neugersdorf. Vor dieſem Jahre ging die Straße von der Watſenke zuerſt auf der Rumburger Straße fort bis hinter das kaiſerlie Zollamt, von wo dieſelbe unter der Hutung links herumbog bis an den Punkt der heutigen Straße, wo dieſelbe vom Höllengrunde herkommt und beide ineinanderlaufen.*) Die Stree von der Gersdorfer Flurgrenze bis na Seifhennersdorf wurde von 1841 an ausgeführt. Urſprüngli bildete dieſelbe im Gersdorfer Walde einen reten Winkel, den man aber 1899 beſeitigte, indem man die Straße geradeaus dur den Höllengrund am Lenk'ſen Teie vorbeilegte. Dort ſteht ein Denkſtein, der folgende Inſrift trägt: „Hier an dieſer friedli ſtillen Stätte endete in den Abendſtunden des 18. Julius 1849 das theure Leben eines treuen, biederen Gatten, eines zärtli liebenden Vaters und Freundes, des Hausbeſitzers und Webers Johann Gottfried Weber aus Neugersdorf in dem Alter von 68 Jahren 9 Monaten und 24 Tagen, indem er in Berufsgeſäften von Seifhennersdorf kommend in ſeine Heimath zurükehren wollte. Dankbare Liebe der Seinen widmete ihm dieſen Denkſtein.“ Auf der Rüſeite ſteht:

„Hier in des Waldes Dunkel, von der lieben Heimath fern,
Fern von Gatten, Kindern und Verwandten,
Mußte einſam und verlaſſen auf den Ruf des Herrn
Ein liebens treues Vaterherz erkalten.
Drum, lieber Wanderer, bedenke oft und ernſt,
Daß a, ſo wenig Bürgſaft hat ein armes Menſenleben,
Das au im näſten Augenbli und unverhofft
Durzuen kann des Todes Beben.
Du aber, der Du ohne Abſied von uns gingſt,
Der Du ſo treu, ſo liebend an uns hingſt,
Der Du hier ausgeruht, um ew'ge Ruh zu finden,
A, laß Di dort im Hain des Paradieſes wiederfinden.“

In der Nähe am Kreuzweg, aber nit mehr auf Seifhennersdorfer, ſondern auf Fürſtl. Lietenſtein'ſem Grund wurden 1835 von Königl. ſäſ. Grenzaufſehern die drei Brüder Johann Gottfried, Carl Gottlieb und Benjamin Traugott Neumann aus Leutersdorf erſoſſen.

Die Spikunnersdorfer Straße war ehemals gerade ſo gelegt wie heute au. 1846 aber baute man ſie dur den Kretſamhof. Sie war auf 1363 Thaler veranſlagt. Der Riter mate ſi anheiſig, einen Theil der Bau- und Unterhaltungskoſten zu deen, wofür man ihm die alte Straße überließ. Na jahrelangen Streitigkeiten wurde die neue ſogenannte Riterſtraße 1881 dem Riter wieder gegen Zahlung von 400 Thalern überlaſſen, und nun wurde die alte Straße wieder hergeſtellt.

Die Seifener Straße baute man 1848 aus. Dabei wurde die Brüe bei der Brettmühle (647) für 510 Thaler und die Seifener Mittelbrüe für 615 Thaler erritet. 1869 baute au der Bauergutsbeſitzer Stolle eine Brüe und gab ſie für den öffentlien Verkehr frei. Die Seifener Straße fand 1851 ihre Fortſetzung na Leutersdorf, wozu der Fiscus 200 Thaler zahlte.

Zur Straße na Neugersdorf zahlt der Staat 525 Mark und zu der von der Gemeinde übernommenen Bahnhofſtraße 75 Mark jährlie Unter­ſtüung. Sonſt erhält die Gemeinde zur Unterhaltung ihrer Straßen nur ſehr ſpärlien Zuſuß, z. B. 1882: 200 Mark (1883 nur 90 Mk.) aus der Staatskaſſe, 250 Mark (desgl. 1883) aus dem Landkreisvermögen, 110 Mark (1883 nur 40 Mk.) aus dem Bezirksvermögen. In letzter Zeit iſt etwas mehr gewährt worden.

B. Poſt.

Die hieſige Poſtanſtalt wurde am 1. April 1846 erritet. Die damalige Poſtverbindung beſtand aus einer täglien Fußbotenpoſt na Neugersdorf, wele ſpäter bis na Ebersba ausgedehnt wurde. Vom 1. December 1852 an verkehrte die Poſt tägli zweimal. Am 1. April 1859 wurde zwiſen Löbau und Seifhennersdorf über Neugersdorf eine täglie Fahrpoſt mit einem ſesſiigen Poſtwagen eingeritet. Vom 2. April an wurde eine der beiden täglien Botenpoſten zwiſen Ebersba und hier eingezogen. Außerdem verkehrte eine Fußbotenpoſt na und von Niederoderwi, wele ſpäter (1. Juli 1865) dur Verlegung der Poſträumlikeit na Oberoderwi bis an den leteren Ort geleitet wurde. Die Poſt na Löbau wurde am 1. November 1873 in eine täglie Perſonenpoſt na und von Ebersba Bahnhof verwandelt.

Inzwiſen war ſeit dem 1. September 1864 die Poſtverbindung dur zwei durgehende Perſonenpoſten von Rumburg na Zittau Bahnhof vermehrt worden, wele na Erbauung der Bahnſtree na Großſönau ſeit Januar 1868 na leterem Bahnhof gingen. Das Fahrgeld betrug bei 30 Pfund Freigepä von Zittau bis Großſönau 8 Ngr., bis Warnsdorf 11 Ngr., bis Seifhennersdorf 14 Ngr. und bis Rumburg 18 Ngr.

Seit der Betriebseröffnung der Theilſtree der Südlauſier Staatseiſenbahn von Löbau bis Seifhennersdorf am 1. November 1866 wurde eine mit der Poſtanſtalt verbundene Telegraphenſtelle erritet. Seit December 1889 beſteht au dur das Vermittelungsamt Neugersdorf eine Fernſpreverbindung Privater.

Beſäftigt waren 1876 außer dem Vorſteher ein Beamter und vier Privatunterbeamte, 1892 außer dem Vorſteher drei Beamte und ſes Privatunterbeamte. Vorſteher waren: 1846—1863 Poſtverwalter Miel († 16. März 1863), 1863 bis zum 14. Mai Poſtaſſiſtent Streier, 15. Mai 1863—1877 Poſtmeiſter Köhler, 30. Auguſt 1877—1887 Poſtverwalter Jäel, 1. September 1887—1892 Poſtmeiſter Lungwi, ſeit 1. April 1892 Poſtmeiſter Hauſtein.

Die Poſtanſtalt war ſeit ihrer Erritung in drei Privathäuſern untergebrat (Nr. 101, 598, 599). Seit dem 1. November 1874 befindet ſi dieſelbe im Bahnhofsgebäude, wo im oberen Stowerk au der Vorſteher ſeine Dienſtwohnung hat. Eine Erweiterung der Räumlikeiten fand 1886 ſtatt, indem man an den Bahnhof, den ſönſten ſäſiſen der Stree Eibau-Zittau, nit gerade zur Zierde ein Stü anbaute.

Der Brief- und Poſtverkehr erſtret ſi vorzugsweiſe auf Orte der Königreie Saſen und Preußen, ſowie Süddeutſlands und iſt zeitweilig der Verſandt von Päereien ganz erhebli. Der Poſtverkehr mit fremden Ländern, außer Belgien und England, iſt unbedeutend.

[es folgen Zahlenangaben zu Briefsendungen, Paketen, Postanweisungen usw., Telegramme]

… — Die Zahl der Poſtreiſenden betrug 1864: 397, 1869: 704, 1872: 543, 1873: 189, 1874: 124 Perſonen.

C. Eiſenbahn.

Mittwo, den 24. Juli 1872, geſah der erſte Spatenſti zum Bau der Eiſenbahn auf unſern Fluren, und zwar auf dem jeigen Bahnhofsplae dur Geritsamtmann Quenzel aus Großſönau, während den zweiten Sti der Abgeordnete Chriſtian Gottlieb Riedel, Gutsbeſier in Kleinſönau, that. Die Stree von hier na Ebersba wurde den 1. November 1874 eröffnet. — Den 30. Juni 1876 kam der erſte, feſtli bekränzte Bauzug von Zittau über Warnsdorf an. Dieſe Stree wurde dem Verkehr am 15. September 1876 freigegeben.

Den Bahnverkehr mögen die Jahre 1877 und 1890 angeben: Abgereiſte Perſonen: 61 535, 70 441. Angekommene Perſonen: 60 456, 67 491. Einnahme aus dem Perſonenverkehr, einſließli Frat für Reiſegepä und Hunde im Abgang: 27 533 Mark, 36 457,60 Mark, bei der Ankunft: 21 992 Mark, 28 659,35 Mark. Böhmiſe Braunkohlen angekommen: 1 349 Wagenladungen, 10 533 t à 1000 kg, ſleſiſe Steinkohlen: 215 Wagenladungen, 443 t, ſäſiſe Steinkohlen: 7 Wagenladungen. 10 t. Eil-, Stü-, Wagenladungsgut u. ſ. w. angekommen: 10 750 155 kg, 17 643 t, abgegangen: 1 100 670 kg,17 643 t. Einnahme aus dem Güterverkehr in Ankunft: 42 045 Mark, 40 919 Mark, im Abgang: 15 214 und 29 874 Mark. — Dem erſten hieſigen Bahnhofsinſpektor Joh. Friedr. Aug. Walther († 15. März 1889) folgte am 1. Mai 1889 Bahnhofsinſpektor Carl Friedri Alwin Herrmann.

D. Andere Verkehrsmittel.

Neben den Poſtkutſen verkehrten früher ſogenannte Stellwagen, ſo von Rinnelt (592) und Klauß (477). — Den 23. Juni 1865 fand eine Probefahrt des Omnibus von Hildebrand, Siebert & Comp. in Löbau von Ebersba über Gersdorf na Seifhennersdorf ſtatt. Die Eröffnung dieſer Omnibuslinie erfolgte Sonntag, den 2. Juli. Am Abend vorher wurde der hier eintreffende Omnibus lebhaft begrüßt. Am Eröffnungstage ritt dem geſten Omnibus ein Jokey in den Farben der Geſellſaft, roth und weiß, voran, ihm folgten ein einſpänniger Leiterwagen mit dem Süenmuſikcorps und 5 Kutſen. Die Fahrpreiſe betrugen bis zur Watſenke 3 Ngr., bis zu den Athäuſern 1 Ngr, desgleien von da bis Ebersba. Die ganze Fahrt bis Löbau koſtete 10 Ngr. Die Omnibuſſe verkehrten bis 1. Januar 1866 tägli vier-, von da an no dreimal hin und zurü. In den erſten drei Monaten des Beſtehens wurden auf der Linie Ebersba—Seifhennersdorf 4 173 Perſonen befördert. — Vom 9. September 1866 an verkehrte na Löbau ein Omnibus der Gebrüder Gründer.

Dur die Firma Clemens & Swerdtner trat am 15. November 1865 eine Expreß-Compagnie Seifhennersdorf in’s Leben zur Beſorgung von allen möglien Dienſtleiſtungen und Handarbeiten. Dieſelbe hatte jedo keinen zu langen Beſtand.


  • Normalschrift
  • Frakturschrift
  • *) Palme, Warnsdorf S. 160.

    *) Friſe: Ortsgeſite von Gersdorf. Seite 205.