Seifhennersdorf

Otto Moritz Kind 1892

In der „Geschichte von Seifhennersdorf“ heißt es:

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Orts-Verwaltung.

A. Der Kretſam.

Der Kretſam befindet ſi am untern Ende des Dorfes und bildet den Mittelpunkt vom Seifen und der Läuterau. Früher mußten alle Gerits- und Gemeindehandlungen, Veröffentliungen, Leihkäufe, Zuſammenkünfte u. ſ. w. im Kretſam als an der Geritsſtätte vorgenommen werden. Bei ihm befanden ſi ehemals zwei kleine Teie, jet der eingezäunte Garten beim Kriegerdenkmal. Der Kretſam wurde verkauft 1652 für 970 So guten alten Geldes, 1692 für 2100 Thlr., 1758 für 3400 Thlr., 1813 für 4000 Thlr.

Das erſte bekannte Kretſamgebäude brannte den 7. November 1676 früh um 3 Uhr ab. Des damaligen Riters Andreas Riters Frau ging, ſolange es mögli war, in den Kammern umher, um no etwas zu retten. Als die Gefahr größer ward, wollte ſie auf der Seite zum Thüren hinaus auf der Leiter herunterſteigen; während deſſen aber fielen einige Latten und Soben in voller Gluth auf ſie, wele ihren Tod beförderten. — Im folgenden Jahre wurde der Kretſam wieder aufgebaut; die Keller blieben dabei unverändert. — 1738, den 15. September, fiel der 18 jährige Sornſteinfegerlehrling Chriſtoph Donath, ein geborener Seifhennersdorfer, infolge Einſturzes der Feuermauer in den Hof hinab und ſtarb an den Folgen den 17. September. — 1756 wurde das Branntweinhaus (jet Verkaufsladen) erbaut. — 1843 wurde das alte Kret­ſamgebäude weggeriſſen. Dabei bra am 11. Mai der Zimmermeiſter David Tiee, Gärtner im Seifen, über der Hausflur dur und ſtarb daran. 1843 wurde der Kretſam, im folgenden Jahre das Nebengebäude neu gebaut. Das Hauptgebäude wurde dabei gegen die Straße vorgeſoben, ſodaß der früher im Hauſe befindlie Brunnen nun im Hofe ſteht. — 1883, den 5. September, brannten die zum Gute gehörenden Seunen und Stallungen weg, ebenſo das hinter dem Stallgebäude befindlie Sießhaus und das in dieſem aufbewahrte Süenzelt.

B. Die Riter.

Als erſter Riter wird Johann Engelmann genannt, deſſen Name über dem vordern Kirhofsthore ſtand. Er war 1566 unter Heinri von Sleini Riter und ſtarb 1587. — Der näſte Riter war Urban Matthias, bis 1603. — Na dem Kirenbu von 1621 iſt Miel Walther lange Zeit hier Riter geweſen, wann, läßt ſi nit angeben. — „Einige Nariten von Seifhennersdorf“ geben an, daß na Urban Matthias ein Geritshalter George Grünewald das Amt bis 1605 verwaltete, in welem Jahre Andreas Riter von Reienau hier Riter wurde. Er ſtarb 76 Jahre alt 1636, nadem er ſon im Jahre 1622 den Kretſam ſeinem Sohne Martin Riter übergeben hatte. Dieſer Martin hat im dreißigjährigen Kriege ſehr viel ausſtehen müſſen, indem man ihn mit harten Slägen traktierte, ihm Jaue einfüllte und ihn an denen pudendis in die Höhe hob und wieder niederließ, weil er keine Contribution zahlen und die Gemeinde nit verrathen wollte. Na den Kriegszeiten wurde den 22. Juli 1652 das erſte offene Ehdingen gehalten und an Stelle des verlorenen ein neues Söppenbu aufgeritet. Dieſe Ehdinge, Ehegedinge, Eydinge, Jahrdinge oder Rügengerite waren öffentlie Geritstage, an welen Herrſaft und Unterthanen ihre gegenſeitigen Rete ins Gedätniß zurüriefen, oder „rügten“ wie es hieß, etwaige Beſwerden vorbraten und über ihre Abhilfe verhandelten.*) Dieſe Ehdinge gewährten bei der Seltenheit ſriftlier Aufzeinung in älterer Zeit den großen Gewinn, daß Rete und Pfliten in ſtets friſer Erinnerung der Betheiligten erhalten wurden und Mißverſtändniſſe mögliſt vermieden oder do mögliſt ſnell beſeitigt werden konnten. — Im Monat Auguſt 1652 ſtarb Martin Riter im Alter von 55 Jahren. Er wurde den 23. Auguſt begraben, …

Die Geritsordnung von 1652 beſtimmte, daß: 1) Außerhalb der Geriten, bei Vermeidung gewiſſer Strafe, kein Contract, Erbſonderung, Kauf oder Tauſ gehalten, geſloſſen oder gefertigt werden ſolle, — 2) Soll au auf ſole Weiſe kein Erbegeld bezahlt werden, und ſoll der, weler es erlegt, von der Mark 1 Pfennig, der aber, weler es empfängt 2 Pfennig geben, — 3) So Jemand aus dem Söppenbu etwas aufzuſuen begehrt oder einen Extract daraus fordert, der ſoll erlegen den Geriten 12 Klg., dem Sulmeiſter 2 Klg., — 4) Für Säden auf den Feldern zu beſitigen, ſoll gegeben werden 24 Klg., — 5) Für Beſitigung außer der Gemeinde ſoll jede Perſon haben und empfangen 12 Klg., 6) Für einen Rainſtein zu ſeen, ſollen gegeben werden 6 Klg., 7) Zur Beſitigung einer Haderſae ſoll jede Part geben 8 Klg., — 8) Der Ungehorſam eines Gemeindemannes ſoll beſtraft werden mit 12 Klg., weles die Aelteſten, ſo ihn holen müſſen, zu empfangen haben. Wenn au Einem ſtille zu ſein von den Ritern geboten würde, und er es nit thäte, der ſoll erlegen 6 Klg., — 9) Ein Geritsgeſworner aber, ſo der ungehorſam befunden würde, ſoll außer Eines How. Rathes Beſtrafung erlegen 24 Klg.. 10) Von einem Erbkaufe, Losſage oder anderen Contract in’s Söppenbu einzutragen, ſollen erlegt werden den Geriten2 6 Klg. und dem Sreiber 4 Klg., — 11) Von dergleien Handlungen, Verträgen, Erbſonderungen c. den Aufſa zu maen, den Geriten ohne Abbru des Leinkaufs und anderer Unkoſten 12 Klg., dem Sreiber 10 Klg. — 12) Für einen Extract oder Abſrift derſelben jede Part dem Sreiber 3½ Klg., — 13) Für ein Teſtament aufzuſeen, ſoll erlegt werden den Geriten 24 Klg., dem Sreiber 14 Klg., — 14) Wenn ein Pfand bei den Geriten ausgelöſt wird, ſollen erlegt werden 24 Klg., — 15) Für einen erlegten Termin im Söppenbu zu löſen und zu quittieren, von jeder Mark dem Sreiber 3½ Klg., — 16) Wenn ein Pferd, Oſe oder Kuh dur Arreſt in die Gerite genommen wird, ſoll für jedes Stü erlegt werden 8 Klg. —

Es folgte Andreas Riter. Bei der Einſeung des Pfarrers Klinger wurde den 7. Juli 1671 wieder ein offenes Eydingen gehalten. Den 5. Auguſt 1672 fand in Zittau eine Verhandlung wegen Hütung des Rindviehs auf der Aue ſtatt, wele Riter und Aelteſten den Häuslern nit geſtatten wollten. Dieſelben willigten aber ein, daß, wenn unter den Häuslern arme Wittwen oder ſonſt unvermögende Leute vorhanden wären, wele anderwärts ihre Kühe mit Futter zu verſorgen nit vermöten, dieſelben ihre Kühe, bis ſie ſie anderwärts unterbringen könnten, auf die Aue treiben dürften. Do ſollten ſie einen Hirten dabei haben, der darauf hielte, daß an den Zäunen und Bäumen kein Saden geſähe. Wenn aber andere Häusler und Gärtner ihre Kühe nirgends bei einem Bauer um den gewöhnlien Zins (12 Groſen und 4 Groſen der Kühhirtin) mitgehen laſſen dürften, ſo ſolle es bei den Verwaltern oder Einem H. E. How. Rathe ſtehen, ob au ſie auf die Aue treiben könnten. Auf Vorſtellung der Bauern erweiterte am 12. September 1672 der Rath dieſe Beſtimmungen dahin, daß ein Häusler oder Gärtner, der dem Bauer bei der Ernte und ſonſt helfe, dieſem für eine Kuh 16 Groſen zu geben gehalten ſei, während ein Häusler, der ſein Gewerbe oder Handwerk treibe, 22 Groſen entriten ſolle,

Andreas Riter ſtarb im 84. Jahre den 9. Juni 1705. Er zählte mit ſeiner Nakommenſaft 82 Perſonen. Aber ſon den 22. December 1692 war ihm ſein Sohn Martin Riter nagefolgt (Lehnsbrief vom 19. Auguſt 1693). Na M. Hänſel’s Antrittspredigt wurde den 25. Juli 1702 abermals ein offenes Eydingen gehalten. — Aus dieſer Zeit legt folgender Brief von freundſaftlien Beziehungen Zeugniß ab:*)

„Denen HoEdl. geſtrengen und Hogelährten Herrn, Herrn Bürgermeiſter undt Rathmannen der Churfürſtl.: Säßl.: Seß-Stadt Zittau. Unßern Inſonders Ho und VielgeEhreſten Herrn, undt Nabarl.: geneigten Gönnern in Zittau. HoEdl. geſtrenge, Fürnehme und Hogelährt ! Inſonders Ho undt VielgeEhrteſte Herrn und nabarli.: geneigte Patrons. Nademe Unß der Seif Hennersdorfer Riter im ? Benaritiget, hamb dieſelben Unß die Sonderbare Gnadt erwißen undt dero Bekannten Unterthanen daſelbſt anbefehlen laſſen, damit ſelbige zur Pflaſterung hießigen Marktplaes mit einihen Steinfuhren Chiſtens andienen werden; au Deroſelben nit zugegen Währe, Wann haben Wier Vor ſothane Nabarl. Wohlmeynung mithin Dienſtgehorſamen Dank erſtatten undt fernerwaith anſuen Wollen, gedaten Eybauer und Abers-Baern Ebenmäßig Bedeuthen zu laſſen, au das ſelbige, zu Beſſerer Forthſeung dießes höſtnöthigen Werß, mit etterlien Fuhren Bey hielfli ſeyn möten; Anbey Wir Unß zu andern angenehmen Gegendienſten na Vermögen Höſt obligirt erkhennen, Undt unter allzeithig güttl.: Empfehlung Verbleiben Unßerer Inſonders Ho Und VielgeEhrteſter Herren, Undt nabarl.: geneigten Gönner Dienſt gehorſame Bürgermeiſter Undt Rathmanne daſelbſt. Rumburg, den 15. July 1702.“

1722, den 13. Februar, folgte Andreas Riter, der den Kretſam auf vielerlei Art und Weiſe verbeſſert und eine neue Stube gebaut hat. Den 27. April 1724 ſtarb ihm ſein 19jähriger Sohn Gottfried. Es ging das Gerüt, er habe einen böſen Trank bekommen. Seine einzige Toter Maria Eliſabeth verehelite ſi den 4. December 1730 mit Johann Gottfried Hüttig, Riter in Neugersdorf. Deren Sohn Johann Gottfried Hüttig wurde des Andreas Nafolger.

Unter Andreas Riter wurden zwei Eydinge gehalten, das erſte den 31. Juli 1725, das andere 1732. Das erſte iſt uns handſriftli aufbewahrt.

Es erfolgte zuerſt die Beſeung des Geritstiſes. Die damaligen Geritsperſonen ſind geweſen: Andreas Riter, Lehnriter. — Ses alte Geritsälteſten: Chriſtoph Bernhard. — Chriſtoph Lange. — Chriſtoph Großer. — Chriſtoph Bergmann. — Hans George Riter. — Adam Miel. — Ses neuangeſete Aelteſten: Chriſtoph Riter. — Chriſtoph Praſſe. — Chriſtoph Franze. — Gottlieb Riter. — Andreas Stolle. — Andreas Donath. — Der Geritsſreiber iſt Chriſtian Neißner, Sulmeiſter.

Darna wurden „Löblie und gewiſſe Ordnungen derer Geritsperſonen, wie ſie ſi in einen und den anderen Saen zu verhalten und aufzuführen“, hinzugefügt:

1. Soll der Riter nebſt den Aelteſten in Ordnung, ſowohl an dem Geritstiſe, als au in der Kire ſien, wie ſole na der Nummer verzeinet ſind.

2. Sollen die Aelteſten allezeit, weſelweiſe na der Ordnung zu den vorfallenden Geritsſaen gezogen werden, als zum Exempel zu einem Häuſel-Leinkaufe vier Perſonen, zu einem Garten-Leinkaufe ſes Perſonen, zu einem Bauergute alle Geritsperſonen; dergleien au in Sonderungen wird es ſo gehalten. Hiervon bekommt der Riter zweier Aelteſten Gebühren, und ein jeder Aelteſter, was auf ihn kommen thut.

3. Es ſollen au alle vorfallenden Geritsſaen, an Käufen und Erbſonderungen oder andern Begebenheiten nirgends anders als an gewöhnlier Geritsſtelle, keineswegs aber in einer beſonderen Stube ohne Zuziehung der ſämmtlien Aelteſten abgehandelt werden.

4. Bei Einbringung der Bräutigame zu E. Hoedl. und Howeiſen Rathes Unterthänigkeit und bei Verreiung der Käufe und Sonderungen, wie au Einnehmung der Steuern und Lieferungen na Zittau in die Steuereinnahme, wie nit weniger, wenn auf Eines Hoedlen, Howeiſen Rathes oder der Großatbaren Stadtgeriten Verordnung gewiſſe Perſonen in die Stadt zu ſtellen ſind, ingleien bei Herauskunft derer c. t. Herren Verwalter und eines Hoedl. Rathes Commiſſarien, ſoles alles ſoll von den Aelteſten weſelweiſe mit Einſaffung, Aufwartung, Gängen und Einnehmung, verritet werden.

5. Au ſoll es bei dem Geritstiſe fein ehrbar und höfli zugehen, mit vielem Trinken bei dem Actus, der Verſreibung, Sonderungen und andern Geritshändeln innegehalten werden bis na Vollziehung derſelben, damit der Geritsſreiber nit geſtört, ſie aber alles wohl hören, erwägen und vernehmen und den Beſeid deſto beſſer ertheilen können.

6. Darüber hat abſonderli der Sulmeiſter und Geritsſreiber auf vorher beſriebene Ordnungen wohl Atung zu geben, daß dieſelben möten obſervirt werden, widrigenfalls glei der Verwaltung zu melden.

Sole Verordnung wurde au glei zu Papier gebrat. Darauf haben die neuangeſeten Aelteſten ihren Eid abgelegt:

„„Wir ſwören Gott dem Allmätigen, … Amen.““

Hierauf folgt das Ehdingen ſelbſt:

Der Dingesriter: „Demna es nunmehr an der Zeit, daß E. Hoedl. und How. Rath der Stadt Zittau als dieſes Ortes Erbherrſaft ein offenes Ehdingen zu hegen und zu halten angeſtellt, als fange i daſſelbe an im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und Gottes des heiligen Geiſtes, mit Urtheil und mit Ret, beides wegen des Reten und wegen dieſes Ortes und Gemeinde Erbherrſaft. I gebiete au bei dieſem offenen Ehdingen, daß Ret, und alles was Ret iſt und Ret kann und mag genannt werden. Dagegen verbiete i au das Unret und alles, was Unret iſt und Unret kann und mag genannt werden, bewahre au ſoles mit Urthel und mit Ret. Dieweil i denn dieſes öffentlies Ehdingen mit Urthel und mit Ret bewahrt habe, als frage i eu, Söppen zur reten Hand, ob i das Ehdingen hege und halte, wie billig und ret.

Antwort des Söppen zur reten Hand: „Herr Dingensriter, dieweil ihr gebietet das Ret und verbietet das Unret, ſo heget ihr das Ehdingen, wie billig und ret iſt.

Hierauf rufet der Dingesriter aus: … usw. [Wiederholungen und Gepflogenheiten]

Na geendigten Klagen werden die Gedingsgebote vom Stadtſreiber verleſen. Hierauf folgen die Gemeinderügen:

„Es wird demna von der ganzen Gemeinde gerüget:

1. Die Kire, Pfarre und Sule mit Fuhren und in guten Stande, Kirſteige, Stiegeln und Wege, wie dieſelben vor Alters geweſen und jet no ſind, zu erhalten.

2. Den Weg in der Aue, daß ein Nabar zu dem andern fahren kann, ſoll ein Jedweder vor dem Seinigen in retem Bau erhalten und die Thore und Zäune gebührend anriten.

3. Auf der Gemeindenaue ſoll kein Großvieh, weder Pferde, Kühe, Kalben, Sweine, ſädlie Ziegen no Safe zu hüten verſtattet werden, damit ein Jeder, wie vor Alters junge Saweiden zeugen und die Zäune im Bau behalten könne.

4. Der Kirhof ſoll wie vor Alters zugehalten und geſloſſen werden, damit kein Vieh darauf kommen kann, wodur die Gräber aufgewühlt, Kaſten und Kreuze zerbroen werden.

5. Rüget au die Gemeinde vier Fiebige*) benebſt den zweien Strümpfen (?)

6. Dem uralten Braue na eine freie Brettmühle, wele unter E. Hoedl. und How. Rathes Direktion bis dato verblieben und gehalten worden, von jedem Snitte eines 8elligen Brettes 3 Pfennige zu geben, und daß der Brettſneider der Obrigkeit die Gemeinde vor allen Andern oder Fremden zu befördern verpflitet ſein ſoll.

7. Eine freie Smiede, Oel-Mühle oder -Poe, einen freien Bäer, nebſt des Riters Bäer, zwei freie Sneider.

8. Fünf freie Webſtühle.

9. Das Stülein Waſſer, vom Teie an bis zur kleinen Brüe, daß die Gemeinde daſſelbe frei ohne alle Zinſen zu genießen und ferner zu gebrauen Mat haben möte.

10. Eine freie Holzſtraße in den Rumburger Wald, wie vor Alters zu fahren.“

Hierauf werden des Riters Rügen verleſen: „Andreas Riter, Erb- und Lehnriter allhier, rüget:

1. Ein Erbgerit und ein frei Lehngut, ſammt einer Hufe Landes, darin einen freien, öffentlien Bierſank, vermöge E. E. How. Rathes hierüber ertheilten Lehnbriefes ohne männlien Eingriffs, das ganze Jahr über zu gebrauen und wie deſſen Vorfahren zu genießen, ingleien frei Branntwein brennen.

2. Daß auf Zuſammenkünften, Eheverlöbniſſen und Hozeiten na Verordnung E. H. H. Rathes und übliem alten Gebraue na alle Einwohner hieſigen Ortes die Bierzüge zu halten und zu verriten gehalten ſein ſollen.

3. Daß die ſämmtlien Einwohner der Einfuhr und Einſleifung des fremden Biers auf Kindtaufen und ſonſt allenthalben ſi enthalten.

4. Daß er na Anleitung ſeines Lehnbriefs einen freien Bäer zu halten, frei Slaten, das Stülein Waſſer von der Großen Brüe bis an das Pfarrwaſſer nebſt dem auf der Aue vor ſeinem Thore liegenden Teie frei und ohne Zinſen genießen, und das Salz Eines H. H. Rathes Intereſſe zu Gute in den Geriten abgemeſſen werden möge.“

Hennersdorf in Seyffen, den 31. July 1725.

[… Abschlußfloskeln des Dingesrichters und seiner Schöppen]

Die Renung kam na. Auf dieſem Ehdingen wurden unter anderem verzehrt: 2 Türkiſe Hähne, für 2 Thlr. 12 Gr. Wildpret, 3 Gänſe, 5 alte Hühner, 13 junge Hähne, 2 Sinken, für 3 Thlr. 22 Gr. Fiſe, 2½ So Krebſe, für 3 Thlr. Kuen und Weißbrod, für 6 Thlr. 17 Gr. Confect und Eingemates, 28 Seidel Butter, 2 So Eier. Dazu wurden für 1 Thlr. Branntwein, für 4 Thlr. 9 Gr. Kaffee, für 13 Thlr. 12 Gr. Bier und für 32 Thl. 9 Gr. 6 Pf. Wein getrunken. Die Summe der Koſten betrug 113 Thlr. 17 Gr.

Das Ehdingen vom 14. Auguſt 1732 lautet faſt ganz glei. Hier begnügte man ſi aber mit 1 Türk. Hahn, 1 Sinken, 8 jungen Hähneln, 1 Thlr. 12 Gr. Fiſe und Krebſe, 1 Thlr. 6 Gr. 6 Pf. für Butter, Eier, Mil, Semmeln, Salz, Mehl und Käſe. Getrunken wurde für 6 Thlr, 1 Gr. 6 Pf. Bier und Branntwein und für 7 Thlr. Wein. Die Koſten betrugen insgeſammt 28 Thlr. 18 Gr.

No bei Lebzeiten des Andreas Riter wurde das Erbret des hieſigen Riteramtes, das eigentli ein Mannslehen war, vom Stadtrath am 23. Mai 1749 auf deſſen Enkel Johann Gottfried Hüttig übertragen. Derſelbe, 1732 zu Neugersdorf geboren, übernahm 1756 den Kretſam, ſtarb aber ſon 1757.

Er hinterließ einen minderjährigen Sohn. Daher wurde die Riterſtelle von Geritshaltern verwaltet, nämli 1757—1761 von Johann Chrioph Heinri und 1761—1787 von Jakob Anders, Bürger zu Budiſſin und vormaligen herrſaftlien Verwalter in Oppa. Dieſer heirathete die Wittwe des verſtorbenen Riters. Er ſtarb den 13. November 1787. — Inzwiſen hatte am 13. März 1787 Johann Gottfried Hüttig den Kretſam übernommen und wurde nun 1787 Riter, während er bis dahin nur Geritsmann hieß.*)

1802 verkaufte J. G. Hüttig den Kretſam an ſeinen Stiefbruder Chriian Friedri Anders, Gärtner und Branntweinbrenner hier, der am 28. Juni 1802 Riter wurde. — Dieſem folgte ſein Sohn Karl Gottlieb Anders, und dieſem am 3. April 1850 Ern Friedri Wilhelm Anders, hier geboren 1826.

Sonſt wurden die Angelegenheiten der Gemeinde nur von zwei Männern beſorgt, von einem Gärtner und einem Häusler. Seit 1734 aber beſtellte man no einen Bauer dazu. Sie hießen Gemeindeälteſte, wurden von den Geriten vorgeſlagen und von der Obrigkeit erwählt und verpflitet.

C. Der Gemeinderath.

Die Ortsverwaltung ging mit Einführung der Landgemeindeordnung an den Gemeinderath über. Derſelbe beſteht laut Gemeindebeſluß vom 13. März 1839 aus dem Gemeindevorſtand, den drei Gemeindeälteſten (wozu man bis jet je einen Bauer, einen Gärtner und einen Häusler wählte), drei Bauern, drei Gärtnern, ſes Häuslern und zwei Inwohnern (ſpäter kam no ein Inwohner mehr hinzu). Er wird mit Ausnahme des Vorſtandes und der Gemeindeälteſten, bei welen die Wahl dur den Gemeinderath ſelbſt erfolgt, von der Gemeinde na den geſelien Beſtimmungen gewählt, und zwar wählten bis 1876 die Anſäſſigen und die Unanſäſſigen getrennt unter ſi, während die Wahl ſeitdem von allen Bevölkerungsklaſſen gemeinſam ſtattfindet.

Gemeindevorände waren : ſeit 1839 Chr. Fr. Paul, Bauergutsbeſier (Nr. 131), ſeit 1845 Joh. Chriſtoph Matthias, Bauergutsbeſier (Nr. 575), ſeit 1846 Joh. Gottlieb Ain, Handelsweber (Nr. 236), ſeit 1849 Chr. Fr. Walther, Gärtner (Nr. 697), ſeit 1850 Tobias Grunewald, Gärtner (Nr. 526, naher 506), ſeit 1852 Chr. Fr. Rothe, Gärtner (Nr. 85), ſeit 1858 Karl Gottlieb Walter, Bauergutsbeſier (Nr. 488), ſeit 1861 Chr. Fr. Berndt, Handelsweber (Nr. 91), ſeit 1870 Ernſt Ohmann, Druer (Nr. 219), ſeit 1874 Chr. Fr. Großer, Bauergutsbeſier (Nr. 43). Mit dem 1. Januar 1886 ſtellte man einen Berufsvorſtand an, nämli Ernſt Heinri Albert, dem ſein Amt 1892 auf weitere ſes Jahre übertragen wurde.

Den eren Gemeinderath bildeten:

Gemeindediener waren

Die Verwaltung der Armenſaen beſorgten früher die Geriten dur den ſogen. Armuthsvater. Mit Einritung des Gemeinderaths ging die Beſorgung der Armenpflege auf dieſen über. Es beſtanden damals drei Armenhäuſer: das obere Waehaus (354), 1739 erbaut, 1841 neugebaut, 1870 verkauft, das Armenhaus im Mitteldorfe (160), verkauft 1863, und das niedere Waehaus (607), 1713 erbaut, ebenfalls 1863 verkauft. Seit 1859 wurden der Pfarrer, Kirſullehrer, Friedens- und Ortsriter und ein Arzt zu den Armenberathungen zugezogen. Am 30. December 1862 wählte man auf Grund der 1856 entworfenen Armenordnung 10 Bezirkspfleger. Es fand darauf am 20. April 1863 die Conſtituierung des Armenvereins ſtatt. Am 9. Juni deſſelben Jahres wurde eine neue Armen-, Arbeits- und Verſorgungsanſtalt (Nr. 174) eingeweiht. Eine abgeänderte Armenordnung wurde 1874 beſloſſen. Im Herbſt 1891 bezog man das neue von der Firma P. Rentſ 1890 für 50 000 Mark erkaufte Armenhaus (Nr. 22 b). Daſſelbe wurde am 1. November eingeweiht. Das Gebäude der bisherigen Anſtalt ging in den Beſi des Tiſlermeiſters Klinger über.

Die ausgedehnten Räumlikeiten daſelbſt, es iſt eine ehemalige Fabrik (vergl. unten Kapitel X), geſtatteten, daß daſelbſt zuglei ein Krankenhaus eingeritet wurde. Den Grundſto zum Krankenhaus bildete eine Zuwendung des früheren Kaufmanns und Friedensriters Chr. Auguſt Hoffmann, weler der Gemeinde 3000 Mark zu dieſem Zwe vermate. Dieſe Summe wurde dur Zuwendungen (u. a. von der Ortsfetſule 1700 Mark) erhöht. Vorläufig iſt Fürſorge zur Unterbringung von 7 Kranken in drei Zimmern getroffen.


  • Normalschrift
  • Frakturschrift
  • *) Vgl. Knothe: Geſite des Fleens Hirſfelde. S. 91.

    *) Zittauer Morgenzeitung 1892 Nr. 4860.

    *) Dieſe Gemeindeviebige waren: die jeige Gersdorfer Straße entlang, beim Garten Nr. 11, beim früheren Armenhauſe (Nr. 174) und im Oberdorf gegen den Frenzelsberg zu.

    *) Die Lehnsbriefe von Martin Riter jun. 1693, Andreas Riter 1722, Johann Gottfried Hüttig 1749, Joh. Gottfr. Hüttig 1778 befinden ſi in dem Muſeum auf dem Oybin.