Seifhennersdorf

Otto Moritz Kind 1892

In der „Geschichte von Seifhennersdorf“ heißt es:

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Handel und Indurie.

Na alten Geſeen durfte auf den Dörfern nur geſponnen werden. Das Ret der Weberei behielten ſi die Zünfte in den Städten vor. In volkreien Dörfern der Südlauſi, wo der Feldbau keineswegs zum Lebensunterhalte ausreite, begegnen wir aber frühzeitig Spuren von Weberei. So wiſſen wir aus dem oben (Capitel IX) mitgetheilten Theilzettel, daß in Seifhennersdorf 1566 ſieben Leinweberſtühle ſtanden.

Die Städter ſuten natürli der Weberei auf dem Lande zu wehren. So zogen 1627 vom 25. bis 27. Februar die Stadtweber mit den Rathsdienern umher, ſlugen den Dorfwebern die Stühle entzwei und nahmen ihnen die Garne weg. Aber unter den Wirrſalen des 30jährigen Krieges konnte die Stadt ihren Willen nit durſeen.

Als es dann na dem Kriege an Webern in der Stadt fehlte und die Dorfweber ſi zu einem Stuhlzins verſtanden, ſo erlaubte man dieſen ihre Arbeit. Nur der Handel mit Leinewand ſute man der Stadt zu erhalten. Es wurden daher oft Verbote gegen die „Pfuſerhandlungen der Bauersleute und Hauſirer“ erlaſſen. Die Landbewohner durften ihre Waare nur im Kaufhauſe zu Zittau verkaufen, und zwar behielten ſi die Zittauer Bürger no bis um 10 Uhr den Vorkauf vor. Dieſe Beſtimmung trat den 4. Oktober 1658 in Kraft.*) Die Auswärtigen mußten dort vom So 6 Pfennig Meßgeld entriten, wärend die Einheimiſen nur die Hälfte gaben. Dazu kam, daß Jeder auf dem Zittauiſen Dörfern, weler das Leinwandwirken lernen wollte, ſi zuvor beim Herrn Verwalter melden, darüber erſt Vergünſtigung erhalten und dabei einen Dukaten oder zwei Thaler Sreibgebühr geben ſollte.

Dieſe Abgaben fanden die Dörfer ſehr drüend. Man mate oft Verſue, den Stuhlzins abzuſütteln, ſo 1646 in Eibau, Ebersba und Friedersdorf, ſo 1659 auf den Oybiner Ortſaften, wo Aufſtände entſtanden. Die Oberbehörde gab der Stadt Ret. Man war in der Stadt au beſorgt, wenn die Weiber webten, ſo würde es an Dienſtboten mangeln.

1729 ließ eine landesherrlie Commiſſion dur ihre Officianten die Webſtühle auf dem Lande zählen. In Seifhennersdorf ſtanden 359 Stühle, im ganzen Zittauer Gebiet 5201. Das Conceſſionsgeld wurde damals bei einem gewöhnlien Webſtuhle auf zwei Thaler, bei einem Zwillitſtuhle auf vier Thaler, bei einem Damaſtſtuhle auf ſes Thaler feſtgeſet. Au der Stuhlzins, weler, wie oben erwähnt, ſon vor Uebergabe der Lauſi übli geweſen war und einen Thaler betrug, blieb ferner beſtehen. — 1777 führten aus der Oberlauſi 86 Handelshäuſer für 1,406,797 Thaler Leinenwaaren aus, im ganzen 84,040 Stü. Au Seifhennersdorf lieferte dazu 830 Stü, während Oderwi das Zehnfae, Eibau das Vierzigfae dieſer Summe ſtellte.**)

Seifhennersdorf ſute 1766 um Verminderung des Stuhlzinſes na, ward aber abgewieſen. Als 1830 der Verdienſt wieder ſehr gering war, ward, au dieſer Wunſ hier wieder laut. Im September forderte beſonders unſer Ort ſehr ſtürmiſ die Aufhebung dieſes Zinſes.

Dur Verordnung der Oberamtsregierung vom 18. Juni 1832 wurde Beſtimmung dahin getroffen: Iſt in dem Kaufbriefe beſtimmt, daß dem Beſier des Hauſes gegen Erlegung eines jährlien Erbzinſes die unentgeltlie Aufritung eines Weberſtuhls verſtattet iſt, ſo bewendet es ledigli hierbei. Außerdem aber entriten ärmere Weber, wele nur einen Stuhl haben, hiervon, wenn ſie anſäſſig ſind, zwölf gute Groſen, wenn ſie unanſäſſig, mithin bloße Inwohner ſind, ſes gute Groſen jährli als Stuhlzins. Wenn ein Weber mehrere Stühle in einer Stube aufgeſtellt hat, ſo wird hierbei überhaupt nur von Anſäſſigen ein Thaler und von Unanſäſſigen 8 gute Groſen an Stuhlgeld jährli entritet. Für die Conceſſion zur Betreibung der Weberei wird nit weiter, wie früher, ein beſonderes Conceſſionsgeld, ſondern ledigli eine Einſreibegebühr von vier gute Groſen von jedem Weberſtuhle, und von at gute Groſen vom jedem Zwillitſtuhle ein- für allemal gezahlt.*)

Die zweite Kammer des Landtag 1833—34 wies eine Beſwerde wegen des von den Webern in den unter dem Stadtrath zu Zittau gehörigen Dorfgemeinden an leteren zu entritenden Stuhlzinſes mit 51 gegen 6 Stimmen ab. (L.-A. 1833–34 III. 1, 699). — Auf dem Landtage 1836—37 trat die zweite Kammer dem Antrage des Abgeordneten Ziſe, es möge die Ablöſung des Stuhlzinſes dur ein zu erlaſſendes Geſe mögli gemat werden, vollſtändig bei, während die erſte Kammer denſelben mit 15 gegen 12 Stimmen auf ſi beruhen ließ. Im Vereinigungsverfahren wurde beſloſſen, die Regierung zu erſuen, die Frage über Ablöſung des Stuhlzinſes in Erwägung zu ziehen und der Ständeverſammlung diesfalls einen Geſeentwurf vorzulegen. Nadem dann auf dem Landtag 1839—40 die Staatsregierung mitgetheilt, daß die Erörterungen und Vorarbeiten zu einer Vorlage no nit gereift ſeien, wurde die Sae auf dem Landtag 1842—43 dur den Abgeordneten Ziſe anderweit in Anregung gebrat und auf Grund commiſſariſer Mittheilung, daß glei beim Beginn des näſten Landtages eine Geſeesvorlage über dieſen Gegenſtand erwartet werden dürfe, von beiden Kammern beſloſſen, bei dieſer Mittheilung Beruhigung zu faſſen und gegen die hohe Staatsregierung die zuverſitlie Erwartung auszuſpreen, daß der näſten Ständeverſammlung ein Geſeesentwurf werde vorgelegt werden. Beim näſten Landtage 1845—46 wurde dann den Ständen ein königlies Decret vorgelegt, na welem weder eine geſelie Aufhebung no eine Ablöſung der Stuhlzinſen für thunli gefunden wurde. Hierbei haben die Stände Beruhigung gefaßt und ſi dahin entſieden, die Angelegenheit auf ſi beruhen zu laſſen. In der Unruhe der folgenden Jahre verſwand au der Stuhlzins.

1800 wurden hier verfertigt: ⁶⁄₄ breite So, 60 Ellen lang, roh und weiß, ⁷⁄₄ breite Weben, 72 Ellen lang, ro wund weiß, ⁸⁄₄ breite ſtarke Hausleinwand, ⁷⁄₄ breite weiße Doppelleinwand, 110 Ellen lang, ⁷⁄₄ breite Bueln, 72 Ellen lang, ⁵⁄₄ breite dergelien, 55 Ellen lang, leinerne, halbſeiden und baumwollene Tüer, Seen (Bettzeug) und bunte Waaren, ³⁄₄ breite Zwilli, glatte, geſtreifte und geflammte ⁷⁄₈ breite Nankins, au Wasleinwand. Als Wasleinwandfabrikant finden wir ſon 1761 Gottfried Müller angegeben.

Wie man ſieht, wurde ſon 1800 neben Leinengarnen Baumwolle verarbeitet. Na und na wurde die Fabrikation von linnenen Geweben ganz verdrängt, ſo daß jet wohl kein Stuhl im Dorfe no dieſelben fertigt. Aber au die Handweberei ſelbſt kam in Rügang. Während 1872/73 im Orte 1231 Handwebſtühle ſtanden, waren 1880 no 1124 Stü vorhanden, die ſi in 461 Hausgrundſtüen befanden. Am 1. Januar 1880 wurden 855 ſelbſtſtändige Handweber mit 244 Gehilfen, am 27. Januar 1884 no 566 ſelbſtſtändige Handweber mit 161 Gehilfen gezählt. Die Handweber werden zum großen Theil von ſogen. Landgängern beſäftigt, deren es 1867 no mehr als 100 gab.

Im Gegenſa wus die Zahl der Fabrikarbeiter, deren es 1885 zuſammen in den Fabrikbetrieben 1331 (709 männlie, 622 weiblie), 1888 1633 (903 männlie, 730 weiblie) gab.

Die erſten engliſen meaniſen Webühle, und zwar au die erſten in Saſen, wurden hier von Carl und Ernſt Berndt aufgeſtellt (in Nr. 750). Na kurzer Zeit aber ſon wurden dieſelben nebſt anderen zur Bearbeitung der Sammete nöthigen Maſinen am 7. Auguſt 1842 von einer unverſtändigen Menge, die Verluſt des Verdien­ſtes befürtete, zertrümmert. Die Brüder verlegten hierauf ihre Fabrik na Deuben bei Dresden.

1857 erbaute dann Fabrikant H. R. Marx einen Webſaal zur Aufſtellung von 50 ſogenannten Regulatorhandſtühlen, aber der Verſu, die Weber daran zu gewöhnen, eine beſtimmte Arbeitszeit und Hausordnung innezuhalten, mißlang, ſodann waren die Koſten erhebli größer, und es blieb do Handwaare. Deshalb wurden meaniſe Webereien eingeritet, deren es jet im Orte 4 giebt.

H. R. Marx, Meaniſe Weberei*), von Heinri Robert Marx, geboren den 2. Mai 1816 zu Stremmen, Regierungsbezirk Potsdam, 1842 in Nr. 2 begründet, im Herbſte 1845 na dem Bauergute Nr. 524, wozu jet au ſeit 1852 Nr. 527 und ſeit 1860 Nr. 526 gehören, verlegt. Dort wurde 1846 die 1870 wieder abgebroene erſte Färberei, 1850 bis 1851 das erſte Komptoirgebäude mit Garnfärberei, weiterhin ein Roßgang zum Mangelbetrieb und ein Sengereigebäude erbaut. Die erſte, 1800 Meter lange, hölzerne Rohrleitung vom Silberteie aus legte der Beſier 1859 an, während der größere Tei und die eiſerne Leitung aus demſelbem 1873, eine zweite Leitung aber 1889 fertiggeſtellt wurden. Im März 1862 wurden die erſten meaniſen Webſtühle in Gang gebrat, und bis Auguſt 1862 kamen 8 engliſe meaniſe Webſtühle für Sammet, 17 deutſe meaniſe Webſtühle für Hoſenſtoffe in Betrieb, während 1863 weitere 37 deutſe meaniſe Webſtühle zur Aufſtellung gelangten. Den 19. Juli 1862 ſtürzte der neueingeritete Fahrſtuhl mit dem Beſier, dem Monteur und 3 Arbeitern, wele Perſonen ſämmtli ſwer verlet wurden, herab. Den 25. Juni 1863 beehrte Se. Majeſtät König Johann die Fabrik mit ſeinem Beſue. Im Auguſt deſſelben Jahres wurden die erſten 6 Orleansſtühle aufgeſtellt. Gegenwärtig ſind 340 Webſtühle vorhanden, wele baumwollene Hoſenſtoffe, baumwollene und halbwollene Kleiderſtoffe, ſowie Unterro- und Jaenſtoffe erzeugen. Die Erleutung der Räumlikeiten erfolgt ſeit dem 1. Oktober 1868 dur Gas eigener Herſtellung.

Um bedürftigen und würdigen Arbeitern und Dienſtboten, wele zehn Jahre oder länger bei ihm gearbeitet haben, und arbeitsunfähig geworden ſind, Unterſtüungen zu gewähren, falls ſie aus der ſtaatlien Alters- oder Invaliditätsverſierung eine Rente nit erhalten oder bei Krankheitsfällen von der Krankenkaſſe nit mehr unterſtüt werden, ſtiftete H. R. Marx 1892 an ſeinem Geburtstage 50,000 Mark. Die Feier des 50jährigen Geſäftsjubiläums ſelbſt konnte, da der Jubilar am 25. April einen Oberſenkelbru erlitten hatte, erſt am 2. Auguſt 1892 ſtattfinden. Bei derſelben wurde au dem früheren Prokuriſten und jeigen Mitinhaber, C. G. Grülli, das Ritterkreuz 2. Klaſſe vom Albretsorden, dem Färber Hamann die ſilberne Medaille für treue in der Arbeit überreit. Die jeigen Inhaber der Firma ſind: H. R. Marx, ſeit 16. April 1886 Königl. Säſ. Commerzienrath, ſeine beiden Enkel Gottwald Felix Freude und Paul Arthur Freude und Carl Gottlieb Grülli, Ritter pp.

C. F. Jentſ, Meaniſe Weberei baumwollener Ro- und Hoſen- ſowie Kleiderſtoffe, begründet von Chriſtian Friedri Jentſ in Nr. 486, dann Nr. 222, ſeit 1851 in Nr. 121/122. Die erſten meaniſen Stühle, deren die Fabrik jet hier 233, zur Hälfte in einfaer, zur Hälfte in Doppelbreite hat, wurden 1872 aufgeſtellt. Außerdem werden in Dittersba, Reienau, Berthelsdorf, Friedersdorf no ungefähr 500 Handweber beſäftigt. Seit dem 15. November 1884 werden die Arbeitsräume dur elektriſes Lit, das erſte hier im Orte, eingeritet dur Siemens & Halske in Berlin, erleutet. 1890 waren 2 Bogenliter und 285 Stü Glühlampen (à 16 Normalkerzen) vorhanden, wele einen Kraftverbrau von 25—30 Pferdeſtärken am Dampfmotor erforderten. Jeiger Beſier iſt Chriſtian Friedri Jentſ, Sohn des Gründers.

P. Rentſ, Meaniſe Weberei baumwollener Ro- und Hoſen- ſowie Kleiderſtoffe, 1844 von Peter Rentſ begründet, ſeit 1854 in Nr. 139. Nadem 1874 der erſte Kraftſtuhl aufge­ſtellt wordem war wurde die Fabrik 1882 dur Ankauf des früher Riterſen Grundſtüs (Nr. 22b) beträtli erweitert. Leteres wurde 1890 wieder verkauft, als ein großes Fabrikgebäude mit elektriſer Beleutung auf dem alten Grunde und dem daneben befindlien früher Rothe’ſen Bauergute erritet worden war. Die Weberei zählt 191 zur Hälfte einfae, zur Hälfte doppeltbreite Stühle. Die jeigen Inhaber ſind des Gründers Sohn, Auguſt Rentſ, des leteren Swiegerſohn Bernhard Jentſ und Reinhard Walther.

Ern Gärtner, Meaniſe Weberei baumwollener Ro- und Hoſenſtoffe und Confection, 1845 in Nr. 440 mit Druerei und Handweberei begründet, nadem das Grundſtü den 11. Januar 1856 abgebrannt, na Nr. 277 verlegt, wo das Geſäft dur meaniſe Weberei und Confection vergrößert wurde. Es gehen jet 34 doppel- und einfabreite Stühle (in Nr. 449).

Ausfuhr von Webwaaren findet ſtatt über Hamburg und Bremen namentli na Südamerika, über Wien na den Donaufürſtenthümern und über Trieſt na Oſtaſien.

Ein anderer großer Induſtriezweig des Ortes iſt die Confection, d. h. Herſtellung fertiger Kleider. Außer ebengenannter Firma ſeien hier angeführt: Die Kleiderfabrik von Grunewald & Rößler, 1874 dur Fr. Emil Grunewald und Guſtav Hiero­nymus Rößler (vergl. S. 92) eröffnet, wele Herren- und Kinder-Anzüge aus billigen baumwollenen und aus Buskin-Stoffen hergeſtellt z. Z. im Beſi der Frau Bertha Clara verw. Rößler iſt. Mit Kleiderverfertigung befaſſen ſi außerdem no: Wauri & Hue (1884), Jentſ & Stolle (früher Ernſt Stolle, 1868), Klippel & Sube, (früher Wilhelm Klippel, 1864), Heinri & Ohmann (früher Ernſt Heinri, 1874) u. a. m.

Während früher mehrere Appreturanalten vorhanden waren, die zum Theil in den großen Fabrikbetrieben aufgingen, beſteht jet deren no eine, die von Hermann Praſſe, ſeit 1880 (Nr. 449).

Der Weberei dienen au die Piers- und Riemenfabrik von F. W. Miel (Nr. 281), ſeit 1872, und die Piersfabrik von Franze & Co., ſeit 1882 (Nr. 216). Piers ſind Sneller oder Treiber zum Hin- und Herſtoßen des Webſüen auf Kraftſtühlen. Sie werden aus Büffelleder hergeſtellt, weles Oſtindien früher über Amſterdam und Rotterdam, jet meiſt über Hamburg liefert. Die hier hergeſtellten Piers übertreffen an Dauerhaftigkeit die beſten engliſen Waaren. Abſagebiet iſt Deutſland und Oeſterrei. — Webſüen und Zwirnmaſinenſpindeln ſtellen ſeit 1880 Walter & Stolle (Nr. 438b) her, und zwar aus überſeeiſem Holz und engliſen Stahlſpien, während ſi der Abſa auf Deutſland und Oeſterrei erſtret.

Na Aufhebung des Veredelungsverkehrs mit Oeſterrei hatte ſi ein Mangel an guten, geſulten Handwerkern fühlbar gemat. Das bisher üblie Anlernen dur die Meiſter erwies ſi in den meiſten Fällen als ungenügend. Deshalb vereinigten ſi am 12. Januar 1881 auf Anregung von H. R. Marx eine Anzahl hieſiger Fabrikanten zur Gründung einer Webſule.*) Oſtern 1881 wurde dieſelbe in einem von H. R. Marx gegen angemeſſene Vergütung zur Verfügung geſtellten Gebäude ſeiner Fabrik mit 8 hieſigen und 2 auswärtigen Sülern eröffnet. Das zweite Suljahr begann am 17. April 1882 mit 24 hieſigen Sülern. Es beſtehen ein Tageskurs (1891/92: 24 Süler) mit wöentli 53 Stunden Unterrit und ein Sonntagskurs (1891/92: 57 Süler). Das Sulgeld beträgt für Saſen 50 Mark, für Nitſaſen 75 Mark, während der Unterrit für Ortsangehörige frei iſt. Der Sonntagskurs iſt unentgeltli. Für die Interreſſen der Sule tritt der 1884 gegründete Webſulverein ein. Unterſtüt wurde die Sule 1891/92 von der Staatsregierung mit 1000 Mark, den Provinziallandſtänden mit 300 Mark, der Gemeinde mit 210 Mark. An freiwilligen Beiträgen kamen in dieſem Jahr 1250 Mk., an Sulgeld 403 Mk. ein.

Dem Wanderer, der von Spikunnersdorf na unſerem Orte kommt, kündet ein reies Holzlager rets von der Straße einen dritten großen Induſtriezweig unſerer Dorfes an. Die dort aufgeſpeierten Vorräthe gehören zur Holzſuh- und Holzpantoffelfabrik von Augu Oppelt (Nr. 734). Das an der Straße ſtehende Geſäftshaus (734b) iſt 1872, das große Fabrikgebäude 1890 erritet worden. Die Fabrikation wird ſeit 1865 betrieben und liefert Holzſuhwerk aller Art, von der einfaſten Fußbekleidung bis zum feinſten Stiefel. Mit der Fabrik iſt eine große Lohgerberei und ein Dampfſägewerk mit Vollgatter verbunden. Im Fabrikgebäude befindet ſi au die 1886 entſtandene Maſinenfabrik von Th. Blaß, in weler Dampfmaſinen, Appretur- und Färbereimaſinen, Transmiſſionen u. ſ. w. gebaut werden. Die Holzſuhfabrik war 1886—1890 zum Theil in Nr. 700 untergebrat. Dort befindet ſi jet die Holzſuh-, Holz- und Cordpantoffelfabrik von C. G. Miel, die hier 1868 mit Anfertigung von Pantoffeln ihren Anfang nahm. Es iſt wohl eher zu niedrig als zu ho gegriffen, wenn man die Zahl der Arbeiter in dieſer Brane auf 300 ſät. Sehr zu beklagen iſt gerade hier die Concurrenz der Gefangenenanſtalten und der Sleuderer.

Die Cigarrenindurie beſäftigt gegen 100 Arbeiter, von denen die weitaus überwiegende Mehrzahl in der 1861 begonnenen, 1878 na Nr. 589b verlegten Fabrik von Reinhardt Paul arbeitet.

Die Weizenärkeerzeugung von Heinri Sober (Nr. 273) iſt 1864 von Sönborn na hier verlegt worden.

1866 eröffnete Hermann Trommer eine Budruerei, die 1880 patweiſe von Max Großmann übernommen wurde. Derſelbe ritete ſi dann 1887 eine eigene Druerei ein. Eine zweite Budruerei beſtand nur kurze Zeit.

Eine Dampfziegelei erritete 1890 Karl Swär aus Oberoderwi.


Die Lage des Handwerks anlangend, ſo gab es, wie oben in Capitel IX angeführt, 1566 hier 2 Bäer, 1 Smied und 2 Sneider. Anfang des 17. Jahrhunderts finden ſi ein Lehns-, ein Gemein- und ein Kirer erwähnt, ein Suſter 1617, im näſten Jahre ein Maurer, 1643 zuerſt ein Fleiſhaer und ebenda ein Tiſler. Im Anfange dieſes Jahrhunderts gab es im Dorfe viele Dresler, wele namentli Spinnräder und Spillen fertigten. 1800 (und 1892) gab es 5 (16) Bäer, 7 (13) Fleiſer, 3 (4) Stellmaer, 3 (9) Smiede, 1 (3) Sloſſer, 5 (20) Tiſler, 2 (1) Sornſteinfeger, 2 (3) Bötter, 3 (0) Glaſer, 19 (38) Kramer (in Materialwaaren). Während man 1800 über 30 Suhmaer und über 20 Sneider zählte, können über dieſe jet Zahlen nit mehr angeführt werden, da dieſe Handwerker vielfa au in Fabriken liefern. Zu bedauern iſt, daß dieſelben deutſe Lehrlingen nur no ſwer finden und meiſt böhmiſe annehmen müſſen. Bemerkenswerth iſt ein im Söppenbu eingetragener Lehrvertrag vom 9. Januar 1764, na dem ein Suhmaer-Lehrling 3 Jahre zu lernen und ſofort 2 Thaler 18 Gr. zu hinterlegen, beim Fortlaufen aber 12 Thaler Strafe zu zahlen hat. Stirbt der Meiſter na 2 Jahren, ſo ſind ſeiner Wittwe 12 Thlr., ſtirbt er na einem Jahre, ſo ſind derſelben 6 Thaler zu zahlen. Der Meiſter verſprit, den Lehrling gut auszubilden und während der Lehrzeit ihm Eſſen, Suhwerk, freie Wäſe, Sürzen und Handwerkszeug zu liefern. — Als treue Dienſtbotin ſei Johanne Grunewald genannt, wele ſeit dem 4. Auguſt 1845 in der Familie Hermann Praſſe im Dienſte ſteht und 1885 den 15. September die große ſilberne Medaille erhielt.

Bereits am 26. Auguſt 1845 wendeten ſi Gemeinderath und Süengeſellſaft mit dem Geſue an den Stadtrath, beim Pfingſtſießen einen Jahrmarkt veranſtalten zu dürfen. Daſſelbe wurde abfällig beſieden. Der erſte Jahrmarkt fand Pfingſten 1871 ſtatt und iſt ſeitdem alljährli wiederholt worden. Ein Verſu, einen Woenmarkt einzuriten, wurde 1891 unternommen.

Der hieſigen Sparkaſſe, wele na dem Regulativ vom 18. Oktober 1878 und den Naträgen vom 11. Juni 1883 und 31. Januar 1884 verwaltet wird, hatten 1891 3,043 Einleger 578,190 M. übergeben. Neue Einlagen wurden im Jahre 1892 im Betrage von 120,009 Mark gemat, denen 134,022 Mark an Rüzahlungen gegenüberſtanden. Sparmarken wurden 1025 verkauft.


  • Normalschrift
  • Frakturschrift
  • *) Korſelt: Oderwi, Seite 200.

    **) N. Lauſ. Magaz. 62, 27.

    *) Landtags-Acten 1845–1846 I. Abthlg. 2. Band S. 398, mitgetheilt dur Herrn Landtagsabgeordneten Fährmann in Großſönau.

    *) Vergl. C. G. Grülli: Ein arbeitsreies Leben. Gedenkblätter zum 50 jährigen Geſäftsjubiläum der Firma H. R. Marx in Seifhennersdorf.

    *) Vergl. Mittheilungen über die Webſule zu Seifhennersdorf 1885.