In den Freiheits- und Verſorgbriefen, wele Neugersdorf von der Rumburger Herrſaft im Jahre 1857 und Altgersdorf von dem Rate zu Zittau 1662 ausgeſtellt erhalten haben, ſind au die Abgaben genannt, wele von den Hausbeſiern zu entriten geweſen ſind. Faſt zwei Jahrhunderte hindur ſind ſie dargebrat worden, bis ſie in Geldleiſtungen umgewandelt worden ſind. In Altgersdorf hatte der Ganzhäusler 3 Taler, der Halbhäusler 1 Taler 13 Groſen 7 Pf. an die Stadtkommun zu Zittau zu bezahlen, in Neugersdorf betrug die an das Fürſtlie Rentamt zu Rumburg zu gewährende Steuer für einen Gärtner 3 Taler 8 Groſen , für einen Stellhäusler 2 Taler 13 Groſen 4 Pf., für einen Auhäusler 12 Groſen 8 Pf. Für dieſe leteren beſtand au no das ſogenannte Gärtelgeld, weles no jet an die Gemeindekaſſe entritet wird. Die genannten Geldgefälle wurden in Rente verwandelt, die na ca. 50 Jahren erliſt, und zwar zu den an die Königlie Landrentenbank zu zahlenden Beträgen von 3 Taler 13 Groſen 2 Pf., 2 Taler 15 Groſen und 15 Groſen für die genannten 3 Klaſſen. In den näſten Jahren iſt dieſe Rente getilgt.
An das Pfarramt war der ſogenannte Decem, der Zehnte, zu liefern. In Altgersdorf hatte der Kretſam ½ Seffel Korn und ein Viertel Hafer, jedes Ganzhaus 4 und jedes Halbhaus 2 Meen Korn zu ſütten. Bei der im Jahre 1855 eingeleiteten Ablöſung wurden dieſe Naturalleiſtungen für den Ganzhäusler in 22 ½ Groſen, für den Halbhäusler in 11 Groſen 3 Pf. verwandelt. In Neugersdorf gewährte der Kretſam ½ Seffel Korn und ½ Seffel Hafer, jeder Gärtner ¼ Korn und Hafer, jeder Stellhäusler ¼ Korn. Die in Geld umgewandelten Abgaben betrugen für den Kretſam 2 Taler 7 Groſen 4 Pf., für einen Gärtner 1 Taler 3 Groſen 8 Pf., für den Stellhäusler 22 ½ Groſen. Dieſe Geldgefälle ſind mit dem 25faen Betrage abgelöſt worden, das Decemkapital von 20 029 Mark 56 Pf. wird bei der Königlien Kultus-Miniſterialkaſſe zu Dresden verwaltet, und der Inhaber des Pfarrlehns bezieht ſeit 1859/60 die Zinſen zu 4 % als Gehalt.
Außerdem war an das Pfarramt der ſogenannte Raugroſen, für jedes bewohnte, mit einem Raufange oder Sornſteine verſehene Haus 1 Groſen, zu entriten, während der Kirſullehrer 3 Umgänge von den Gärtnern und Häuslern und einen von den Auhäuslern bezog. Dieſe hatten 4 Groſen, 3 Groſen 2 Pf. und 6 Pf. zu zahlen. Na der Ausſulung Neugersdorfs 1834 verblieb der Kirſulſtelle nur ein Umgang, der Ertrag der beiden anderen wurde den Neugersdorfer Lehrern zugewieſen. In Altgersdorf zahlte der Kretſam 13 Groſen 5 Pf., der Ganzhäusler 4 Groſen 5 Pf. und der Halbhäusler 2 Groſen 6 Pf. Umgangsgebühr. Alle dieſe Leiſtungen gehörten urſprüngli zum Gehalte, ſind aber dur die Fixation der Stelleninhaber in Wegfall gekommen.
Steuern für den Staat, Kriegskontributionen und dergl. ſind aufgrund der ergangenen Ausſreibungen erhoben worden. Eine geregelte Steuererhebung wurde dur die Finanzgeſee in den Jahren 1843 und 46 hervorgerufen. Im erſtgenannten Jahre wurde ein neues Grundſteuergeſe erlaſſen, dur weles die Steuereinheiten zur Einführung gelangten. Eine Steuereinheit iſt der auf je 1 Mark abgeſäte Reinertrag des Grundſtües. Bisher hatten viele Grundſtüe Steuerfreiheit genoſſen. Dieſe wurde aufgehoben und dafür aus der Staatskaſſe na den Steuereinheiten Entſädigungskapitale gezahlt. Altgersdorf war bisher ſehr günſtig daran geweſen. Außer den na Zittau zu entritenden Abgaben hatte es keinerlei Steuern zu leiſten gehabt, während Neugersdorf zu den Staatsabgaben beizutragen und die ausgeſriebenen Steuern an die Steuerkaſſe des Landkreiſes zu Bauen abzuführen gehabt hatte. Dies war au bei anderen Orten der Umgegend der Fall geweſen, z. B. bei Ebersba und Seifhennersdorf, wele au wie Altgersdorf unter Zittau ſtanden.
Altgersdorf mußte ſi nun entſließen, zu welem Steuerkreiſe es gehören wollte, da es bisher weder dem Landkreiſe no dem Zittauer Steuerbezirke angeſloſſen war. Der Gemeinderat entſied ſi für die Zugehörigkeit na Zittau. Es war dies ein Beſluß, deſſen Tragweite die damalige Gemeindevertretung zu ermeſſen nit in der Lage war. Altgersdorf wurde dadur ſtadtmitleidend, während Neugersdorf als dem Landſteuerkreiſe zugehörig, landmitleidend war, ebenſo wie die 1875 zu Altgersdorf hinzugeſlagene Ebersbaer Seite. Die Steuerentſädigungskapitale ſind von der Staatskaſſe für die ſtadtmitleidenden Orte na Zittau, für die landmitleidenden na Bauen gezahlt worden. Zittau hatte für ſi und ſeine Ortſaften 57 391 Taler 10 Groſen 3 Pf. erhalten. Dieſes Kapital wurde in Zittau verwaltet und den einzelnen Gemeinden die auf ſie entfallende Rente gewährt. Altgersdorf erhielt bei 6475 Steuereinheiten 41 Taler 7 Groſen 9 Pf. Anteil. Nun aber kündigte Altgersdorf das ihm zukommende Steuerkapital, weles au 1847 zur Auszahlung gelangte. Jene 41 Taler 7 Groſen 9 Pf. wurden als Zinſen zu 4 % kapitaliſiert, ſo daß Zittau 1031 Taler 17 Groſen 5 Pf. an Altgersdorf zahlte. Auf 713 Einheiten der Hutung behielt Zittau 109 Taler 28 Groſen zurü, wele na dem Hutungsprozeſſe herausgezahlt und zum Baue der Georgswalderſtraße verwendet ſind. Das Pfarrlehn erhielt auf ſeine Einheiten 400 Mark 80 Pf. Steuerentſädigungskapital. Zittau zahlte außerdem no 103 Taler 18 Groſen 7 Pf. an Altgersdorf, nämli von 6240 Taler Entſädigungsſumme 51 Taler 9 Groſen 1 Pf. Anteil und für 2910 Taler Rente von 1844 an 52 Taler 9 Groſen 6 Pf. Altgersdorf verwendete das ausgezahlte Kapital von 950 Taler zur Tilgung der Sulbauſuld. Damit war das Steuerentſädigungskapital verſwunden.
Ganz anders aber hatte ſi der Saverhalt in Neugersdorf und der Ebersbaer Seite geſtaltet. Die Steuerentſädigungskapitale und dergleien ſind in die Landkreiskaſſe gefloſſen und darin verblieben. Aus den Zinſen dieſer Kapiltale fließen nun den landmitleidenden Gemeinden namhafte Unterſtüungen zu Sulzween zu, außerdem werden Kranke in Freiſtellen verſiedener Krankenhäuſer untergebrat und die Koſten für Unterbringung geiſteskranker, epileptiſer u. ſ. w. Perſonen in Staatsanſtalten, verwahrloſter Kinder in Rettunghäuſer reſtituiert. … Altgersdorf hat die beträtlien Summen für jene Zwee ſelbſt aufbringen müſſen, und die Geſamtgemeinde det ſie für das frühere Altgersdorf no weiter. Neugersdorf hatte im Jahre 1844 bei der Steuerregulierung 12 971 Einheiten, davon entfielen auf das Fürſtlie Rittergut 856. Dem Fürſten iſt für den Wegfall aller und jeder gutsherrlien Rete im Jahre 1853 der Betrag von 900 Taler gezahlt worden, während aus der Staatskaſſe 926 Taler entritet worden waren.
Die Zahl der Einheiten betrug im Jahre 1844 in Altgersdorf 6475, in Neugersdorf 12 971. Die Steuereinheiten haben ſi dur Häuſerbauten und Erritung großer Fabrikanlagen von Jahr zu Jahr vermehrt. Altgersdorf hatte 1870 an Einheiten 7869, 1875 aber 8516.
1880 hatte Altgersdorf 11 545, Neugersdorf 25 840 Einheiten
1886 hatte Altgersdorf 16 775, Neugersdorf 29 877 Einheiten
1893 hatte Altgersdorf 25 288, Neugersdorf 40 822 Einheiten
1898 hatte Altgersdorf 31 847, Neugersdorf 48 190 Einheiten
Seit 1844 hatten ſi in Altgersdorf die Einheiten verfünffat, in Neugersdorf vervierfat, in den leten 20 Jahren verdreifat und in Neugersdorf verdoppelt. Im Jahre 1901 bezifferten ſi in der Geſamtgemeinde die Einheiten auf 97 707, jet betragen ſie über 100 000. Seit 1891 zahlt der Staat zur Unterſtüung der Sulgemeinden die Hälfte des Ertrages aus den Steuereinheiten des Sulbezirkes, alſo 2 Pf. pro Einheit, zurü. Im Jahre 1902 hat die Sulkaſſe 1824 Mark 21 Pf. erhalten.
Im Jahre 1846 wurde vom Staate ein neues Gewerbe- und Perſonalſteuergeſe erlaſſen, na welem der Gewerbebetrieb, das perſönlie Einkommen, Rang und Prädikat den Maßſtab der Beſteuerung bildete. Dies Geſe mit ſeinen mehrfaen Tarifen und Ergänzungen hat bis zum Erlaß des Einkommenſteuergeſees vom 2. Juli 1878 beſtanden. Das auf Selbſteinſäung des Einkommes beruhende Finanzgeſe mit ſeinen verſiedenen Klaſſen und Steuerſäen hat mehrfae Abänderungen erfahren, ſo in den Jahren 1894 und 1900, na welen die Beſteuerung bei 400 Mark beginnt, und die niederen Einkommensklaſſen reduziert, die höheren aber ſtärker herangezogen ſind. In Finanznöten iſt ein prozentualer Zuſlag zur Einkommenſteuer erhoben worden, im Jahre 1903 waren es 25 %. Bei der ungünſtigen Finanzlage des Staates ſtehen Aenderungen in der Beſteuerung bevor. Wie die Steuerkraft in unſerer Gemeinde geſtiegen iſt, erweiſen folgende Zahlen. An Staatseinkommenſteuer entritete
1881 Altgersdorf
7 000 Mark,
Neugersdorf 24 420 Mark,
1886 Altgersdorf
7 733 Mark,
Neugersdorf 21 107 Mark,
1891 Altgersdorf
22 751 Mark,
Neugersdorf 37 490 Mark,
1896 Altgersdorf
21 000 Mark,
Neugersdorf 68 238 Mark
Im Jahre 1901 ſind 116 000 Mark, 1902 ſind 146 200 Mark Einkommenſteuer von der Gemeinde abgeliefert worden. Die Steuer hat ſi in 20 Jahren vervierfat.
Bezügli der Gemeindeſteuer hat ſi im Laufe der Jahre eine große Umänderung vollzogen. Frühere Zeiten haben ſo gut als keine Abgaben gekannt. Später wurden die Bedürfniſſe der Gemeinde aus den Paterträgniſſen der Hutung beſtritten, wele dur die Prozeſſe in den Beſi der Gemeinden gelangt waren. Als dann dur Armenunterſtüungen, Wegebauten, Sulbauten, Anſtellung neuer Lehrer, Erhöhung der Gehalte und dgl. die Ausgaben ſi mehrten, mußten Anlagen dur die Gemeinde erhoben werden. Zuerſt wurde die Hälfte der Anlagen aus den Einheiten, die andere Hälfte dur Kopfſteuer aufgebrat. So wurde in Neugersdorf im Jahre 1844 auf die ca. 13 000 Einheiten je 3 Pfg., 1852 nur 2 Pfg. erhoben, während bei der Kopfzahl von 1650 ſteuerpflitigen Perſonen 15 Pfg. pro Kopf erhoben wurden. Vom Jahre 1864 an wurde die Steuer dur Einſäung na dem Beſi beſtimmt. Die ſi ſteigernden Ausgaben für Gemeindezwee drängten dazu, beſondere Ortsſtatute für Erhebung von Gemeindeſteuern aufzuſtellen. Neugersdorf gab ein ſoles 1871, Altgersdorf 1873 heraus. Dieſe haben mehrfa Aenderungen erfahren. Neugersdorf ſtellte 1892 ein neues Steuerregulativ auf, das bei der Vereinigung für die Geſamtgemeinde beibehalten wurde, bis im Jahre 1901 ein neues Regulativ für Erhebung von Gemeindeanlagen in Kraft getreten iſt. In allen dieſen Statuten iſt der Grundbeſi na den Einheiten und das dur Einſäung ermittelte Einkommen zu Grunde gelegt worden. In Altgersdorf zahlte die Einheit 12 Pfg., in Neugersdorf 6 Pfg. Na dem Statut von 1892 wurden 10 % der Anlagen aus den Einheiten, 90 % vom Einkommen gedet. Na dem jet geltenden Regulative hat die Einheit 4 Pfg., wie bei der Staatsſteuer, zu entriten, alles übrige wird dur Anlagen aus dem Einkommen aufgebrat. Als maßgebend für die vom Gemeinderate vorzunehmende Einſäung gilt das Ergebnis der leten ſtaatlien Veranlagung des Einkommens na dem Geſee vom 24. Juli 1900. Ein beſonderer Tarif der Einkommensſäe beſtimmt die Höhe der zu gewährenden Steuer. Nadem zuvor für die verſiedenſten Kaſſen die Voranſläge aufgeſtellt worden ſind, aus denen die Höhe der aufzubringenden Anlagen erſitli iſt, beſtimmt der Gemeinderat, wie viel Simpla, oder wie viele Male der Einheitsſa der betreffenden Einkommensſteuerklaſſe erhoben werden muß. Im Jahre 1902 wurden 9 Simpla erhoben, im Jahre 1903 nur 8, ſo daß z. B. na Klaſſe 1 bei einem Einkommen von 200―250 Mark 7 Pfg. 8 mal entritet werden müſſen == 56 Pfg. oder Klaſſe 10 bei 650―700 Mark Einkommen 37 Pfg. 8 mal == 2,96 Mark zu zahlen ſind.
Die Gemeindeſteuern haben dur die Entwilung der Gemeinde eine immer größere Höhe erlangt. Dies zeigt folgende Zuſammenſtellung:
1875 brate Altgersdorf auf
1 211
Mark, Neugersdorf
7 000 Mark
1880 brate Altgersdorf auf
7 350
Mark, Neugersdorf
13 500 Mark
1885 brate Altgersdorf auf
11 955
Mark, Neugersdorf
15 000 Mark
1890 brate Altgersdorf auf
15 403
Mark, Neugersdorf
22 700 Mark
1895 brate Altgersdorf auf
18 875
Mark, Neugersdorf
34 800 Mark
Im Jahre 1901 ſind von der Geſamtgemeinde erhoben worden 120 405 Mark, im Jahre 1902 152 000 Mark, im Jahre 1903 142 750 Mark. Die Gemeindeſteuern haben ſi in 20 Jahren verſesfat.
Die Kirſteuer, früher Turmſteuer genannt, iſt na Einſeung des Kirenvorſtandes von dieſem ſelbſtändig erhoben worden. Im Januar jeden Jahres erfolgte die Einſäung der Steuerpflitigen dur den Kirenvorſtand. Die Einnahme der Steuern geſah dur Umgang von Haus zu Haus. Langjähriger Einnehmer war Karl Wilhelm Reielt. Seit dem Jahre 1890 hat der Kirenvorſtand die Erhebung der Kirenanlagen dem Gemeinderate überlaſſen. Aufgrund der für jedes Jahr aufzuſtellenden Voranſläge werden die Kirenanlagen von der Gemeinde erhoben, und der Bedarf dere Kiren- und Kirgemeindekaſſe zugeſtellt.
In Saſen beſteht eine Landes-Immobiliar-Brandverſierungs-Anſtalt. In dieſer ſind alle Gebäude gegen Brandſäden verſiert. Es iſt dies eine ſegensreie Einritung. In andern Ländern iſt die Verſierung Privatſae. Daher haben viele ihr Hab und Gut nit verſiert, wie dies au no mane mit ihrem Mobiliarbeſi nit tun. Es ſind die einzelnen Gebäude kataſtriert, und na den auf ihnen ruhenden Einheiten werden die Brandverſierungsbeiträge berenet. Früher renete man na Wurzeln, bis im Jahre 1849 eine allgemeine Einſäung der Gebäude na ihrem Werte geſah. In Altgersdorf betrug die Wertſumme ca. 130 000 Taler, in Neugersdorf 300 000 Taler. Altgersdorf zahlte 324 Taler, Neugersdorf 800 Taler Brandkaſſenbeiträge. Gegenwärtig bezahlt die Einheit na Bedarf 1 ½ ― 3 Pf., die Geſamtſumme der Brandkaſſenbeiträge belief ſi für die Geſamtgemeinde im Jahre 1901 bei 2 Pfennigen pro Einheit auf 14 668.97 Mark, 1902 bei 1 ½ Pfennig pro Einheit auf 11 477.34 Mark.
B. Sparkaſſe.
Dieſe iſt im Jahre 1875 begründet worden. Sie ſollte zuerſt nur für die Gemeinde Altgersdorf erritet werden, wurde aber für beide Gemeinden ins Leben gerufen. Der damalige Gemeindevorſtand C. L. Neumann in Altgersdorf hat ſi weſentlie Verdienſte um die Begründung der Sparkaſſe erworben. Die urſprüngli aufgeſtellten Statuten haben mehrfae Naträge erhalten. Na der Vereinigung der Gemeinden ſind im Jahre 1901 neue Statuten aufgeſtellt worden. Die Leitung der Sparkaſſe lag zunäſt in den Händen der Gemeinderäte, ſpäter wurde ein beſonderer Sparkaſſenausſuß erritet. Dieſer beſtand aus den Gemeindevorſtänden, ſpäter Vorſtand und erſtem Gemeindeälteſten, und 4 Mitgliedern, von denen 2 dem Gemeinderate angehören, während die beiden andern von dieſen aus den Gemeindemitgliedern gewählt werden. Die Verwaltung der Sparkaſſe iſt einem Kaſſierer und Kontrolleur übertragen. Gegenwärtig ſind als ſole tätig die Herren Julius Berndt und Reinhold Pietſmann. Erſterer iſt ſeit Begründung der Sparkaſſe angeſtellt, zuerſt 11 Jahre als Kontrolleur und 17 Jahre als Kaſſierer, leterer na dem Tode des Gemeindevorſtandes Albret ſeit 1886 als Kontrolleur.
Die Einlagen auf ein Bu durften bis zum Jahre 1900 nur bis 1500 Mark und für milde Stiftungen und dergl. bis 3000 Mark erfolgen, von da an bis 3000 Mark auf ein Bu und bis 5000 Mark für Stiftungen. Der Zinsfuß hat zumeiſt 3 ¼ und 3 ½ % betragen, gegenwärtig 3 ¼ %.
Unter der umſitigen und gewiſſenhaften Leitung und Verwaltung der Sparkaſſe hat ſi dieſe zu einem Inſtitute entwielt, das ſowohl für das Geld einlegende als au für das Geld entnehmende Publikum von hoher Bedeutung geworden iſt. Aber au die Gemeinde hat große Vorteile aus der Sparkaſſe gehabt. Nadem dur den erzeilten Reingewinn der Reſervefonds die vorſriftsmäßige Höhe erreit hatte, gelangten ſeit dem Jahre 1896 die Sparkaſſenüberſüſſe zur Verwendung der Gemeinden na ihrer Bevölkerungsziffer und na der Vereinigung der Geſamtgemeinde zu gemeinnüigen Zween. Es iſt bisher ſon viel Nülies aus den anſehnlien Summen geſaffen worden. Im Jahre 1900 betrugen die Sparkaſſenüberſüſſe 14 000 Mark, im Jahre 1901 ſogar 21 000 Mark und im Jahre 1902 47 884.08 Mark.
Ueber die erfreulie Entwilung der Sparkaſſe gibt nafolgende Ueberſit genaue Auskunft:
Jahr-gang
Spar-einlagen
Zinſen-zuſreib-ungen
Rü-zahlungen
Beſtand der Einlagen
Reſerve-fonds
Rein-gewinn
Offene Quitt.-bücher
ℳ
ℳ
ℳ
ℳ
ℳ
ℳ
1880
140 854,94
18 493,18
63 348,56
542 952,74
12 077,34
3 515,99
1194
1885
178 607,42
39 072,08
141 611,87
1 090 266,23
34 650,36
5 126,27
2476
1890
286 508,19
51 223,78
291 097,30
1 656 755,28
75 236,56
9 997,12
3914
1895
503 136,50
81 869,34
393 296,54
2 695 126,35
137 135,04
17 383,88
5811
1901
618 482,65
125 962,57
528 171,95
3 966 686,25
233 355,25
42 794,27
7890
In den erſten 25 Jahren wurden 13 178 Stü Quittungsbüer ausgeſtellt. Eingezahlt wurden in 71 102 Poſten 8 273 243,16 Mark und zurügezahlt in 36 189 Poſten die Summe von 5 838 355,13 Mark. Die von der Sparkaſſe ausgezahlten und gutgeſriebenen Zinſen betragen 1 341 198,85 Mark. Die Einahmen und Ausgaben der Kaſſe in den 25 Jahren betrugen überhaupt 26 639 351,05 Mark. Am 11. Oktober 1902 gelangte die Nummer 15 000 des Quittungsbues zur Ausgabe.
C. Armenweſen.
…
Die erſte Narit über Armenverſorgung findet ſi in einer Abſrift aus dem Geritsſöppenbue vom Jahre 1715. Dort heißt es: Au wenn ſi ein Fall ereignen möte, wie wir dergleien Exempel leider haben |: daß ſi ein oder andere melanoliſe oder Verarmte, Lahme oder ſonſt gebrelie Perſonen finden möten, ſo von der Gemeinde verpfleget, bewat oder verſorgt werden müßten, oder ſo ſi ſonſt ein Unglü ereignen möte, ſoll der Auehäusler glei den vollſtändigen Wirten die erforderlien Koſten zu tragen haben. Daraus geht hervor, daß im Bedürfnisfalle Armenanlage dur die Gemeinde geboten und erhoben worden iſt.
Es exiſtiert ein Bu für Armenkaſſenrenungen in Neugersdorf, weles im Jahre 1765 angelegt und von dem Armenvater Gottfried Hoffmann bis an ſeinem am 19. März 1795 erfolgten Tod mit großer Genauigkeit und Sorgfalt geführt worden iſt. Es hatten verſiedene riſtli geſinnte Bewohner den Ortsarmen gewiſſe Poſten zur Verteilung geſenkt. So beginnt die Renung mit einem Legate, das der Kurfürſtlie Grenzzolleinnehmer Daniel Opi für die Neugersdorfer Armen geſenkt hatte. Es betrug 188 Taler 4 Groſen. Von dieſem Kapitale wurden die Zinſen vierteljährli verteilt. Die einzelnen Ortsarmen, namentli Witwen und Waiſen, konnten ſelbſtverſtändli nur geringe Unterſtüung erhalten. Bald aber wurde es beſſer, da verſiedene kleinere Stiftungen zu dem Grundkapitale hinzu kamen. Seit 1769 erfolgten Sammlungen bei Taufeſſen und Hozeiten, au wurden Abgaben bei Verſreibungen von Grundſtüen erhoben, wele Einritung ſi bis zum Ausgange des 19. Jahrhunderts erhalten hat. Während im Jahre 1765 nur 7 Taler 6 Groſen 2 Pfennig verteilt worden waren, betrug die Summe der Unterſtüungen im Jahre 1771 ſon 28 Taler 14 Groſen 6 Pfennige, und die Verteilung erfolgte in jedem Monat. Seit 1778 kam no eine Kirenkollekte hinzu, wele am zweiten Bußtage eingeſammelt wurde. Dieſe floß zu zwei Dritteilen in die Armenkaſſe zu Neugersdorf und zu einem in die zu Altgersdorf, ein Beweis, daß au dieſelbe Einritung zur Unterſtüung der Ortsarmen in Altgersdorf beſtanden hat. Es wurden Beihilfen bei Krankheits- und Todesfällen an Bedürftige gereit. Dur verſiedene Senkungen und Ueberſüſſe war das Kapital der Armenkaſſe unter der treuen Verwaltung des verdienten Armenvaters Gottfried Hoffmann im Jahre 1794 auf 354 Taler 15 Groſen angewaſen. Die zur Verteilung vorhandene Summe betrug 54 Taler 4 Groſen 7 Pfennig.
Beſonders ſwer waren die Jahre während und na dem 7 jährigen Kriege, in dem ſi au die Privatwohltätigkeit vielfa bewährt hat. Eine weitere ſwere Zeit war im Jahre 1805, wo dur beſondere Sammlungen für 140 Taler Brot gebaen und auf der Pfarre an die Ortsarmen verteilt wurde. Reie Gelegenheit, Wohltätigkeit zu üben, boten die Notſtandsjahre bis 1847, ſowohl für Private, als au für die Gemeinden. Na dieſer ſweren Zeit iſt der Gemeinde Altgersdorf eine Denkmünze zur Erinnerung vom Königlien Miniſterium mit folgender Inſrift verliehen worden: Möge dieſelbe als Erinnerungszeien an eine Zeit großer und weit verbreiteter Bedrängnis mit dem Andenken an dieſe und an die dadur im ganzen Vaterlande hervorgerufenen Anſtrengungen riſtlier Liebe und patriotiſen Gemeinſinns au das eigene Bewußtſein einer dem Wohle der notleidenden Mitbürger gewidmeten edeln und erfolgreien Wirkſamkeit in den Empfängern lebendig erhalten.
In Neugersdorf war im Jahre 1842 ein beſonderer Armenverein gegründet worden. 1845 wurde an 50 Familien 7 ¼ Klafter Holz verteilt, die teils in natura geſenkt, teils aus milden Beiträgen angekauft waren. In den Jahren, als die Kartoffelkrankheit herrſte, wurden 24 Seffel Kartoffeln an 25 ― 30 Familien verteilt. 1840 wurde die Armenverſorgung geſeli geregelt, und der dur die Landgemeindeordnung neu gebildete Gemeinderat hatte die Unterſtüung der Bedürftigen auszuführen. Die meiſten abgehaltenen Siungen haben au Anträge auf Verſorgung von Armen zum Gegenſtande gehabt. Na Begründung des Norddeutſen Bundes iſt dur Geſe vom 6. Juni 1876 die Armenverſorgung abgeändert worden und hat na Erritung des Deutſen Reies entſpreende Anwendung und Ausdehnung auf das ganze Reisgebiet erhalten. Die einzelnen Gemeinden bildeten Ortsarmenverbände und behandelten die Armenunterſtüungen in den Siungen des Gemeinderates, bis ſließli bei der Zunahme der Unterſtüungen beſondere Armendeputationen eingeſet wurden. Na der Vereinigung der Gemeinden iſt dieſe Einritung beibehalten worden, ſo daß die Armenſaen von einer beſonderen Deputation behandelt werden, wele teils aus Mitgliedern des Gemeinderates, teils aus Armenpflegern aus der Mitte der Gemeinde beſteht.
Die Ausgaben der Armenunterſtüungen ſind im Laufe der Jahre gewaſen. In Altgersdorf betrug die Ausgabe im Jahre 1893 2500 Mark, 1895 3100 Mark, 1897 3300 Mark. In Neugersdorf betrug 1844 die Ausgabe cirka 300 Mark, 1870 1900 Mark, 1882 2000 Mark, 1895 3000 Mark. Es könnte auffallend erſeinen, daß das kleinere Altgersdorf größeren Aufwand für Armenzwee gehabt hat, als Neugersdorf. Der Grund aber iſt darin zu ſuen, daß Neugersdorf landmitleidend, während Altgersdorf bis auf die frühere Ebersbaer Seite ſtadtmitleidend iſt. So hat Neugersdorf im Jahre 1895 für untergebrate Kranke 1415 Mark aus der Landkreiskaſſe zurüerſtattet erhalten, während Altgersdorf ſole Beträge ſelbſt aufzubringen hat. Im Jahre 1902 betrug die Ausgabe für Armenzwee 7500 Mark.
In jeder der beiden Gemeinden beſtand ſeit langer Zeit ein Armenhaus, in weles nit blos alte, alleinſtehende Perſonen, ſondern au oft herabgekommene Individuen und Familien Aufnahme fanden. In Altgersdorf war es früher das an der Filippsdorfer Grenze gelegene Hirtenhaus, und der Hirt, weler zuglei Totengräber war, war au Aufſeher über das Armenhaus. Später war das oberhalb der Feldſenke gelegene Haus zum Armenhaus eingeritet, in welem der Totengräber als Armenhausverwalter freie Wohnung und Beheizung erhielt. Na der Vereinigung beider Gemeinden wurde das Altgersdorfer Armenhaus aufgehoben, ſo daß gegewärtig nur das geräumige Neugersdorfer Armenhaus, weles früher Sulhaus geweſen iſt, zur Aufnahme Ortsarmer dient. Au dort war bis Anfang der 80er Jahre der jeweilige Totengräber Armenhausverwalter geweſen, bis dann ein beſonderer Hausvater eingeſet wurde, weler beſtändig anweſend iſt, um die nit immer leite Aufſit über die Inſaſſen ausüben zu können. Der jeige Hausvater iſt der Suhmaermeiſter Böhme.
Unter der Verwaltung der Gemeinde ſtehen folgende für Armenzwee beſtimmte Legate: Der am 22. Januar 1891 verſtorbene Fabrikbeſier Auguſt Hoffmann hat für jede der beiden Gemeinden 10 000 Mark mit der Beſtimmung verwilligt, daß von den Zinſen dieſes Kapitals in jedem Winter je 12 Brote an arme oder kinderreie Familien verteilt würden. Es haben im Laufe der Jahre jedesmal an 120 Perſonen dieſe Brote verteilt werden können zur großen Freude der Empfänger in der manes Mal harten Winterszeit. Die Verteilungsdeputation beſteht aus den beiden Gemeindevorſtänden, den Vorſteherinnen des Frauen- und Albertvereins und dem Pfarrer.
Ferner hat der Fabrikant Ernſt Bitterli, weler am 18. März 1893 verſtorben iſt, 3000 Mark zu dem Zwee geſtiftet, daß an ſeinem jedesmaligen Todestage hauptſäli bedürftige Hausweber von den Zinſen Unterſtüung erhalten ſollen. Es iſt ein Geldbetrag von je drei Mark an einige 30 Perſonen ſeitdem jährli ausgehändigt worden. Wieviel Freude wird dur ſole Stiftungen geſpendet !
Als unſer heimgegangener König Albert ſein 25 jähriges Regierungsjubiläum und den 70. Geburtstag am 23. April 1898 beging, war die Anregung gegeben worden, eine Jubiläumsſtiftung für den Bezirk Löbau zu erriten. Es iſt dies au geſehen. Altgersdorf hat ſi dabei mit 600 Mark beteiligt, Neugersdorf aber nur mit 100 Mark. Es hat dagegen eine beſondere König Albert-Stiftung im Betrage von 5000 Mark aus den Sparkaſſenüberſüſſen begründet, aus weler an hieſige verſämte Arme und in beſonders ſweren Lagen, bei Unglüs-, andauernden Krankheits- und andern der Unterſtüung bedürftigen Fällen Beihilfen gewährt werden ſollen. Dies iſt au bisher mehrfa geſehen, und wir können uns freuen, eine ſole Stiftung zu beſien, aus weler in außerordentlien Fällen kräftige Unterſtüung gewährt werden kann. Die Stiftung iſt 1903 dur Sparkaſſenüberſüſſe auf 6000 Mark erhöht worden. Außerdem werden dur die Gemeinde aus der von Loſſarſen Stiftung Unterſtüungen für betagte Arme erbeten und reili verabreit, au ſind in verſiedenen Krankenhäuſern Freiſtellen für bedürftige Kranke vorhanden. In den leten Jahren ſind an eine größere Anzahl von bedürftigen Familien Kartoffeln verteilt worden.
Wenn im Vorſtehenden von dem Armenweſen geredet worden iſt, das dur die Gemeinde verwaltet wird, ſo darf au die anerkenneswerte Privatwohltätigkeit nit vergeſſen werden, wele von jeher in der Gemeinde ausgeübt worden iſt und je länger je mehr gepflegt wird. Mit Ret kann unſrer Zeit nagerühmt werden, daß viel zur Linderung der Not getan wird, au gar manes in der Stille von edlen, ungenannt ſein wollenden Gebern. Auf dem Gebiete des Wohltuns haben au die Frauen Großes geleiſtet. Es beſtehen zwei Vereine, Albert- und Frauenverein, deren Zwe es iſt, armen, alten, kranken, hilfsbedürftigen Gliedern der Gemeinde beizuſtehen. Der na unſerm unvergeßlien König Albert genannte, von ſeiner gemahlin Karola no als Kronprinzeſſin 1867 gegründete und geleitete Verein, weler urſprüngli zur Pflege verwundeter und kranker Krieger ins Leben gerufen iſt, iſt in Friedenszeiten ein den Kranken und Armen dienender und helfender Verein geworden. Der hieſige Lokalverein gehört dem Zweigverein Ebersba zu, weler eine Sweſter für mehrere Orte der Umgegend unterhält. Dieſe hatte zuerſt ihren Si in Ebersba, ſeit Ende der 80er Jahre bis 1901 aber in unſrer Gemeinde. Gar mane Kranke der Gemeinde erhielten dur die im Laufe der Jahre tätigen Sweſtern Pflege und Handreiung. Der Albertverein wendete aber ſeine Fürſorge au den Armen des Ortes zu. Vielfae Unterſtüung an Geld iſt aus Vereinsmitteln dargereit worden, beſonders werden die im Winter notwendigen Kohlen begehrt. Jedes Jahr wird zu Weihnaten eine Chriſtbeſerung ausgeritet, wele ſehr reili ausfällt. Früher wurde ſie öffentli unter dem brennenden Chriſtbaume abgehalten, ſeit einigen Jahren aber werden die Geſenke den Familien zugeſtellt oder von den Beſenkten in der Wohnung der Vereinsvorſteherin abgeholt. Als ſole iſt ſeit länger als 25 Jahren Frau Kommerzienrat Hoffmann tätig, wele au ſeit einer Reihe von Jahren an der Spie des Ebersbaer Zweigvereins ſteht. Unter ihrer Leitung hat ſi der Albertverein ſehr gehoben. Die Zahl der Mitglieder beträgt 115.
Um eine Ueberſit über den Umfang der in der Gemeinde ausgeübten Wohltätigkeit des Albertvereins zu geben, diene ein Auszug aus der Renung von 1901 ― 02. Na demſelben ſind verausgabt für 600 Zentner Kohlen 483 Mark, für Chriſtbeſerung an 100 hilfsbedürftige Familien 1034 Mark, für 2000 Speiſeprotionen 1000 Mark. Der Albertverein beſtreitet dieſe Ausgaben aus jährlien Beiträgen der Mitglieder. Herr Reinhold Hoffmann hat ein Legat von 3000 Mark geſtiftet, außerdem beſteht ein Legat von 4000 Mark von Frau Kommerzienrat Hoffmann, aus deſſen Zinſen jedes Jahr zwei oder drei Rekonvalszenten na Jonsdorf oder in ein Bad geſendet werden. Dies hat ſon manem gute Dienſte getan. Neben der Kranken- und Armenpflege übt au der Albertverein ſeit 1878 die witige Aufſit über das Ziehkinderweſen aus. Er hat bisher reien Segen geſtiftet und möge au eine weitere ſegensreie Wirkſamkeit für die Armen und Kranken entfalten.
Der Frauenverein iſt im Jahre 1867 gegründet worden. Sein Zwe iſt, die Armen, Notleidenden und Hilfsbedüftigen dur Geld und Naturalgaben zu unterſtüen. Die Mittel hierzu werden dur Beiträge der Mitglieder, dur Geſenke und Veranſtaltungen von seiten des Vereins aufgebrat. Im Jahre 1881 ſtiftete Herr Reinhold Hoffmann 3000 Mark mit der Beſtimmung, daß die Zinſen am Todestage ſeiner Mutter, am 9. Juli, an Arme zur Verteilung kommen ſollen. Ferner ſenkte Herr Karl Gottfried Hennig 300 Mark im Jahre 1887, ſodann Herr Fabrikbeſier Hermann Franz 1500 Mark im Jahre 1888 zum Andenken an ſeine verſtorbene Ehegattin Frau Anna Marie Franz geborene Herzog. Im Jahre 1892 brate Frau Kommerzienrat Hoffmann 3000 Mark als Jubiläumsgeſenk dem Vereine dar mit der Bedingung, daß die Zinſen an ihrem Geburtstage, den 31. Juli, an Arme zur Verteilung gelangen ſollen. Herr Kommerzienrat Hoffmann ſtiftete im Jahre 1903 25 000 Mark zu gleiem Zwee. Dur ſole anerkennenswerte Zuwendungen, ſowie dur das Anwaſen der Mitgliederzahl iſt der Frauenverein in den Stand geſet, ſein Unterſtüungswerk immer kräftiger treiben zu können.
Zuerſt wurden zu Oſtern, Pfingſten, Sießen, zum Kirweih- und Weihnatsfeſte Geldunterſtüungen gewährt, ſpäter traten bei beſonderen dringenden Fällen laufende Unterſtüungen ein, wele dur die Bezirksvorſteherinnen verabreit wurden. Seit Mitte der 70er Jahre wurde eine Chriſtbeſerung veranſtaltet, bei weler außer Stollen verſiedene Weihnatsgaben geſpendet wurden mit einer beſonderen Gabe von je 1 Mark von den Frauen Hoffmann. Später wurden au Suppen an Alte und Kranke, ſowie Mil an Kinder und Blutarme verteilt. Im Jahre 1874 betrugen die gewährten Unterſtüungen 180 Mark, 1880 430 Mark, 1885 680 Mark, 1890 ca. 1300 Mark. Viel Not iſt dur das Wirken des Frauenvereins während ſeines Beſtehens gemindert worden. Na einem Ueberſlage hat der Verein ca. 25 000 Mark Unterſtüungen im Laufe der Jahre gewährt. Na der Renung des Jahres 1899 ſind verausgabt worden 350 Mark für Weihnatsbeſerung, 575 Mark Geldverteilung dur die 9 Bezirksvorſteherinnen, 200 Mark Zinſenverteilung von den Legaten, 50 Mark für Suppen, 100 Mark für Medikamente und beſondere Fälle. Die Zahl der Mitglieder betrug 1875 126, 1881 144, 1887 191, 1895 162, 1900 225.
Der Verein iſt mit Hingabe geleitet worden. Iſts do au eine Freude, zu geben und zu beglüen. Seit 1896 iſt Frau Elſa Hoffmann Vorſteherin, nadem ſie ſon ſeit 1887 Kaſſiererin und Vizevorſteherin geweſen war. Frühere Vorſteherinnen waren die Frauen Bertha Herzog, Auguſte Reielt, Anna Berndt, Bertha Hoffmann. …
Wiewohl die beiden Tätigkeitsvereine an Armen und Kranken viel Gutes getan haben, ſo konnte do den manerlei Kranken nur wenig Hilfe dur Pflege und Wartung gebrat werden. Das Bedürfnis na einer Krankenpflegerin trat in der waſenden Gemeinde immer dringender hervor. Da half in hoherziger Weiſe Herr Kommerzienrat Julius Hoffmann. Er ſtiftete 1896 eine Summe von 40 000 Mark zu dem Zwee, daß von den Zinſen eine Albertinerin für Kranken- und Armenpflege angeſtellt werde. Das iſt au ſeitdem erfolgt, und die hierher geſendeten Sweſtern Martha und Ida haben den manerlei Kranken unſerer Gemeinde große Erleiterungen dur Hilfeleiſtungen, Natwaen und dergl. gebrat. Aus den Zinſen jener Stiftung werden au Krankengeräte und Medizin beſafft, wie ſole die Sweſtern bei Ausübung ihrer Tätigkeit brauen. …
D. Sanitätsweſen.
Au auf dieſem Gebiete iſt zwiſen einſt und jet ein großer Unterſied. Wohl hat es Krankheiten zu allen Zeiten gegeben, aber die Zunahme der Kultur, die vielfa gegen früher veränderte Lebensweiſe, die Haſt und Unruhe im Arbeitsbetriebe haben nit blos neue Krankheiten hervorgerufen, ſondern au die Zahl der Leidenden in allen Ständen und Klaſſen gemehrt. Man hat daher au auf Mittel und Wege geſonnen, um wirkſam den herrſenden Krankheiten zu begegnen, und es iſt eine erfreulie Tatſae, daß ſole Bemühungen au von Erfolg begleitet geweſen ſind. Man hat die verſiedendſten ſanitären Einritungen getroffen, um vorhandene Leiden zu mindern und drohende Uebel zu verhüten. Au in unſerer Gemeinde ſind die ſanitären Verhältniſſe früherer Zeiten ſehr einfae geweſen. Aerzte gab es nit. Man half ſi mit Hausmitteln oder wendete ſonſtige Mittel an, wele heilkundige Perſonen verordneten. Bei Arm- oder Beinbrüen nahm man ſeine Zuflut zu Leuten, wele darin einigermaßen Beſeid wußten. Bader, Barbiere verſahen die Stelle von Wundärzten und Chirurgen. Als ſoler trat um die Mitte des 18. Jahrhunderts der ſogenannte Bader Karl auf, von 1770 ab war Karl Gottfried Wunderli als Wundarzt hier tätig, weler au ein Legat zur Abhaltung einer Erntepredigt geſtiftet hat. Seine Wohnung war unter dem Erbgerite in einem der beider Häuſer, wele abgeriſſen worden ſind. Jet ſteht der Pferdeſtall der Klippelſen Fabrik daſelbſt. In jener Zeit wird auGottlob Hoffmann als Bader genannt, weler eine Zeit lang Vizeriter geweſen iſt. Einer ſeiner Söhne wurde Arzt. NaFritſe, S. 158, haben als Chirurgen praktiziert: Dehnert, Proe, Hänſel, Weikert. Als Arzt wird ein gewiſſer Bahr aus Leutersdorf erwähnt. Im Jahre 1825 hat ſiDr.Chriſtian Friedri Häntſ als Arzt niedergelaſſen, ein Gersdorfer Kind, von dem no mehrfae Verwandte hier leben. Der no jet bei der älteren Bevölkerung bekannte und rühmend genannte Arzt iſt Emanuel Gotthelf Grülli. Er hat vom Jahre 1832 bis zu ſeinem im Jahre 1871 erfolgten Tode, alſo 40 Jahre, in reiem Segen gewirkt. Er wohnte in dem jet zur Auguſt Hoffmannſen Fabrik gehörenden Hauſe, rets von der Carolaſtraße. Neben ihm haben ſi verſiedene Aerzte hier habilitiert, ſind aber nur wenige Jahre verblieben, Dr.Beer aus Reibersdorf, Dr.Stephan aus Niedercunnersdorf, Dr.Ludwig aus Seifhennersdorf, Dr.Pierſig aus Neuſtadt. Im Jahre 1869 begann Dr.Hermann Sniebs aus Niederoderwi ſeine ärztlie Praxis, die er nun über ein Menſenalter faſt in allen Häuſern des Ortes ausgeübt hat und no lange ausriten möge. Im Jahre 1900 wurde er vom Könige zum Sanitätsrat ernannt. Eine Reihe von Jahren war er der einzige Arzt unſerer Gemeinde. Als zweiter Arzt ließ ſi 1887 Dr.Gregor Bierbaum nieder. Nur vorübergehend weilte Keſſinger als praktiſer Arzt in Neugersdorf. Bald na einander eröffneten zwei Gersdorfer Kinder ihre ärztlie Praxis, Dr.Hermann Winkler ſeit 1894 und Dr.Hermann Bahr ſeit 1900, ſo daß gegenwärtig 4 praktiſe Aerzte in unſerer Gemeinde tätig ſind. Wie nun unſere Aerzte au von anderen Orten der Umgegend vielfa in Anſpru genommen werden, ſo kommen au andrerſeits Aerzte der umliegenden Orte zu den Kranken unſerer Gemeinde, bekannt iſt Dr.Rudolph aus Filippsdorf. Bei beſonderen Leiden wenden ſi verſiedene Kranke an Spezialärzte in Städten. Seitdem von Reiswegen die obligatoriſen Krankenkaſſen eingeritet ſind, wird ärztlie Hilfe weit mehr als früher zum Beſten der leidenden Menſheit in Anſpru genommen. Dies ergibt ſi aus einer Zuſammenſtellung der Krankenkaſſen vom Jahre 1902. Es beſtanden 16 Krankenkaſſen (14 Betriebs-, 1 Orts- und 1 freie Hilfskaſſe) mit 8137 Mitgliedern. Die Einnahmen betrugen 111 147 Mark, die Ausgaben 100 073 Mark, für Aerztehonorar 27 700 Mark, für Arznei 16 451 Mark, für Krankengeld 29 655 Mark, für Wönerinnen 5 665 Mark, für Krankenhauskoſten 4 574 Mark, Sterbegelder 2 369 Mark, für ſonſtige Ausgaben 4 135 Mark. Dieſe Summen reden eine deutlie Sprae, wele großen Erleiterungen die na dem Geſe von 1903 auf 26 Woen Unterſtüungszeit ſi erſtreenden Krankenkaſſen gewähren.
Seit 1893 beſit die Gemeinde au ein eigenes Krankenhaus. Zur Einritung eines ſolen war von den Söhnen des Fabrikbeſies Auguſt Hoffmann ein Legat geſtiftet worden. Da ſi die Erbauung verzögerte, ſo ſenkte der Fabrikbeſier Reinhold Hoffmann der Gemeinde das von ihm erſtandene Wohnhaus Carolaſtraße 11 zur erritung eines Krankenhauſes. Bisher waren Krankenſtuben in den Gemeindehäuſern geweſen, wele ſi aber auf die Dauer als ungenügend erwieſen. Das geräumige, aus 10 Zimmern im Vorderhauſe und 3 Zimmern mit Iſolierzelle für Geiſteskranke im Hinterhauſe beſtehende, hogelegene, geſunde Haus mit Garten wurde entſpreend vorgeritet. Es können 15 Kranke daſelbſt Aufnahme finden, wele von dem Hausverwalter und ſeiner Frau gut verpflegt werden. Als ſoler iſt ſeit Beginn Guſtav Hoffmann angeſtellt. Für einen ſol volkreien Ort wie Neugersdorf, mit vielen Bewohnern ohne Familie, war ſon längſt ein Krankenhaus notwendig, und es iſt au ſeit ſeiner Erritung viel gebraut worden. Oft iſt es mit 10 ― 12 Kranken belegt geweſen. Im Jahre 1900 ſind 98 Kranke, im Jahre 1901 ſind 76 längere Zeit im Krankenhauſe verpflegt worden.
In den leten Jahrzehnten hat au das Beſtreben, die Krankheiten nit mit Medizin, ſondern auf naturgemäße Weiſe zu heilen, viel Teilnehmer gefunden. Es hat ſi hier ein Naturheilverein gebildet, weler dur Vorträge das Intereſſe zu fördern ſut. Dur ihn iſt au die Anlegung eines Volksbades zur Ausführung gelangt. Verſiedene Perſonen haben ſon ſeit Jahren die naturgemäße Heilmethode ausgeübt. Gegenwärtig ſind zwei Vertreter derſelben vorhanden, Siffner und Kühnel. Au hat ein praktiſer Arzt, Dr.Wünſe aus Ebersba, ein Sanatorium in der Blumenſtraße erritet, in welem au Elektrizität zu Heilzween verwendet wird. Außerdem gibt es viele Anhänger der Homöopathie, und wie in früheren Zeiten behilft man ſi gar oft mit Hausmitteln, namentli wenn die Erkrankten keiner Kaſſe angehören und die Koſten für Arzt und Apotheker eine nit leit zu erſwingende Höhe annehmen, davon zu ſweigen, daß au mane zu Kurpfuſern oder zur Sympathie ihre Zuflut nehmen.
Seit 1835 beſteht au in unſerer Gemeinde eine Apotheke. Dieſe wurde von Guſtav Heinri Semmt in der Vorderee, Kat.-Nr. 252, eröffnet und in dieſem Hauſe, weles no lange die alte Apotheke geheißen hat, bis 1845 betrieben. Von da an wurde ſie in das Haus Nr. 202 der Hauptſtraße verlegt, in welem ſie ſi no jet befindet. NaSemmts Tode übernahm Otto Nauenburg aus Halle die Apotheke, weler ſie weſentli vergrößerte und dur ſorgfältigen Betrieb zu einer Muſterapotheke erhob. Er ritete au eine homöopathiſe Apotheke, ſowie den Verkauf von Drogen und mediziniſen Inſtrumenten ein. Im Jahre 1901 zog er ſi na reger Geſäftstätigkeit zurü, ſiedelte na Dresden über und übergab ſeinem Sohne Dr.Friedri Nauenburg die Verwaltung der Apotheke. Verkauf von Drogen findet no in den Handlungen von Mori Bennewi und Woldemar Rothe ſtatt.
Von großer Bedeutung für die Volkswohlfahrt iſt es, Maßregeln zur Verhütung von Krankheiten zu treffen. Das näſtliegende iſt eine regelmäßige, nüterne Lebensweiſe. Sehr viele Menſen zerſtören ihre Geſundheit dur übermäßigen Alkoholgenuß und ungeregelte Lebensweiſe. Um Krankheiten, wele dur Beſäftigung und Ernährung entſtehen können, zu verhüten, werden au in unſerer Gemeinde vielfae ſanitäre Einritungen getroffen. Das geſieht ſon in unſern Sulen, wele na hygieniſen Geſitspunkten gebaut werden, in denen für gute Lüftung geſorgt wird, und die mit den beſten Sulbänken ausgeſtattet ſind. Das geſieht ferner in den Fabrikräumen, wele ho und luftig gebaut ſind, in denen Vorritungen zur Erſeung der Luftſit angebrat, und die faſt ausnahmslos elektriſ beleutet ſind. Die manerlei Einritungen ſind au nit erfolglos geblieben. Die Statiſtik für Volkskrankheiten der verſiedenen Städte auf der Städteausſtellung zu Dresden zeigte faſt überall einen Rügang an. Das iſt au erfreulierweiſe in unſerer Gemeinde der Fall. Die Sterblikeit iſt bei einer Bevölkerung, wele ſi in 25 Jahren faſt verdoppelt hat, um ¼ geſtiegen. Viel iſt dur Aufſit über die Volksernährung in den leten Jahrzehnten geſehen. Als dur die Mikroſkopie das Vorhandenſein von Triinen entdet wurde, iſt ſowohl in Alt- als au in Neugersdorf ein Triinenſauer angeſtellt worden. Dieſe waren Wilhelm Ulbri und Karl Sänger. Na der geſelien Einführung der Triinenſau ſind ſeit 1888 Leberet Fiedler und Karl Auguſt Priebs angeſtellt. Seit 1898 iſt die allgemeine Fleiſbeſau für alles geſlatete Vieh angeordnet worden. Sie wird dur einen approbierten Tierarzt und dur einen Laienfleiſbeſauer ausgeübt, da dieſe Arbeit bei der großen Anzahl von Slatungen nit von einem einzigen Saverſtändigen bewältigt werden konnte. Wurden do im Jahre 1896 895 Rinder, 2271 Sweine geſlatet, 1898 waren es 931 Rinder, 1960 Sweine, 870 Kälber und Safe und 86 Pferde. Früher erfolgte die Fleiſbeſau in den einzelnen Slathäuſern der Fleiſermeiſter, na Eröffnung des Slathofes in dieſem. Seit 1899 iſt Otto Reimer als Tierarzt angeſtellt, ſeit 1900 als Laienfleiſbeſauer und au als Hallenmeiſter im Slathofe der frühere Fleiſermeiſter Wilhelm Bürgemeiſter, weler plöli am 25. September 1903 geſtorben iſt.
Das bei der Fleiſbeſau nit bankwürdig befundene Fleiſ gelangt dur die Freibank zum öffentlien Verkauf. Sie befindet ſi jet im Slathofe und ſteht unter Verwaltung des Hallenmeiſters. Das Fleiſ wird zu ⅘ des Marktpreiſes und nur in Mengen von 3 kg abgegeben. Wird das geſlatete Tier oder einzelne Teile desſelben für geſundheitsſädli erkannt, ſo tritt Vernitung oder Ueberführung an die Kunſtdüngerfabrik zu Jenkwi bei Bauen ein.
Dur die Fleiſbeſau hat unſere Bewohnerſaft die Gewißheit, nur gutes und geſundes Fleiſ zu erhalten. Aus den Unterſuungsberiten iſt zu erſehen, wie heilſam die Fleiſbeſau wirkt. 1900 wurden geſlatet: 836 Rinder, 1160 Kälber, 127 Safe, 86 Ziegen, 2751 Sweine, 114 Pferde und 16 Hunde, zuſammen 5430 Stü. Davon wurden gänzli vernitet 21 Stü. 27, nämli 22 Rinder und 5 Sweine, kamen zur Freibank, außerdem wurden von den bankwürdigen Stüen vernitet: 274 Lungen, 81 Lebern und 82 ſonſtige Teile. 1901 ſind 4167 Stü geſlatet, 718 Rinder, 1079 Kälber, 52 Safe, 131 Ziegen, 2065 Sweine, 102 Pferde und 20 Hunde. Davon wurden gänzli vernitet 7 Stü, zur Freibank kamen 37 Stü, 24 Rinder, 1 Kalb und 12 Sweine. Außerdem wurden vernitet 189 Lungen, 83 Lebern und 189 ſonſtige Teile, == 505 Beanſtandungen, faſt ⅛ aller Slatungen.
Von großer Bedeutung iſt die Erritung eines Slathofes in unſerer Gemeinde geworden. Die Anregung iſt von den Fleiſermeiſtern ausgegangen, wele dieſen Plan im Jahre 1899 in einer Eingabe an den Gemeinderat dargelegt hatten. Dieſer nahm die Erbauung ſelbſt in die Hand. Es wurde eine Kommiſſion ernannt, an deren Spie zuerſt Herr Reinhold Hoffmann stand. Als dieſer aus Geſundheitsrüſiten den Vorſi niederlegte, trat Herr Theodor Hoffmann an ſeine Stelle und na deſſen Rütritt Herr Hermann Jäel. Dieſe Kommiſſion hat mane Reiſen zur Beſitigung anderer Slathöfe unter Hinzuziehung von Saverſtändigen unternommen und viele Mühe und Arbeit gehabt, um alles zweentſpreend und zeitgemäß einzuriten. Die Vorarbeiten wurden in Angriff genommen, das erforderlie Areal erworben und die erhobenen Proteſte wegen der Abfallwäſſer beſeitigt. Zuerſt wurde das Beamtenhaus fertig geſtellt. An dem Slathofe iſt während der Jahre 1900 und 1901 gearbeitet worden, bis er am 15. April 1902 dem Betriebe übergeben worden iſt. Der Koſtenaufwand betrug 207 000 Mark. Seit dieſer Zeit wird nit mehr in den Slathäuſern der Fleiſermeiſter geſlatet, ſondern ausſließli im Slathofe. Dort wird au die Unterſuung, Fleiſbeſau und Verzollung der geſlateten Tiere vorgenommen. Die Einritungen des Slathofes ſind vorzüglie. Zur Konſervierung des Fleiſes während der Sommerszeit ſind Kühlzellen angebrat. Der Gemeinderat hat für die Benuung ein beſonderes Regulativ aufgeſtellt. Die Abgaben riten ſi bei Großvieh na dem Lebendgewit, bei anderen Tieren na der Stüzahl, für Benuung einer Kühlzelle ſind 60 Mark zu entriten. Es beſtehen no beſondere Regulative für Slathausordnung, Unterſuung des geſlateten Viehes und Benuung des Kühlhauſes. Iſt au gegenwärtig no ein Zuſuß aus der Gemeindekaſſe bei Verwaltung des Slathauſes notwendig, ſo kommt derſelbe gar nit in Betrat in Rüſit auf die geſundheitlien Vorteile, wele die Bewohnerſaft genießt.
No ſei erwähnt, daß im Jahre 1902 eine Nahrungsmittelkontrolle eingeführt worden iſt. Dieſe wird vom Chemiker Dr.Jonſer in Zittau ausgeübt. So iſt au in dieſer Beziehung Vorſorge getroffen, daß man nur gute, geſunde und reine Ware bekommt.
E. Feuerlöſweſen.
In den alten Beſtimmungen über die Pfliten der Ortsbewohner iſt allen Hausbeſiern auferlegt, Feuerleitern, Feuerhaken und Eimer zu beſaffen, in gutem Stande zu erhalten und im Notfalle na der getroffenen Einteilung in der Nabarſaft Hilfe zu leiſten. Die Nabarn und Gemeindeglieder halfen ſi bei Feuersnot unter einander. Dieſer Zuſtand hat lange Zeit beſtanden, hat es do im Laufe von 1 ½ Jahrhunderten nur ſes Mal gebrannt. Jede Gemeinde hatte eine Feuerſprie beſafft. Altgersdorf hat das Sprienhaus dem Kretſam gegenüber 1698 erbaut und die erſte Sprie im Jahr 1700 angekauft. Dieſe hat bis 1769 der Gemeinde gedient. 1768 hatte man das Meſſingzeug geſtohlen. Eine neue Sprie wurde von Dietri in Bauen für 90 Taler unter Darangabe der alten bezogen. Jeder Hauswirt mußte einen Taler zu derſelben entriten, eine Narit, aus der man ſließen kann, daß Altgersdorf zu jener Zeit etwa 90 Häuſer zählte. Dieſe zweite Sprie iſt bis zum Jahre 1808 in Gebrau geweſen. Es wurde eine größere Slauſprie für 365 Taler neu beſafft, wele von den Nabarn als Sprienmannſaft bedient wurde und no bei dem Brande des Kretſams 1880 zur Verwendung kam. Das erſte Sprienhaus wurde 1830 niedergeriſſen und an deſſen Stelle das jet no ſtehende für 116 Taler aufgebaut, das aber nit mehr als ſoles verwendet wird.
Zu weler Zeit Neugersdorf die erſte Sprie beſafft hat, iſt unbekannt, do muß dies ſon ſehr früh erfolgt ſein. 1824 iſt ſie für 80 Taler na Filippsdorf verkauf worden. Für dieſe wurde eine neue zum Preiſe von 500 Taler mit einem 120 Ellen langen Slaue aus Herrhut bezogen. Eine zweite kleine Sprie war auf dem Berge in Herzogs Seune Nr. 185 eingeſtellt. Die dritte ſtand im Brauhauſe und wurde ebenfalls von den Nabarn als Sprienmannſaft bedient. Das Feuerwehrweſen war einem Bezirkskommiſſar unterſtellt. Dieſer war lange Zeit der Watſenkenbeſier Junge. Die beiden Süenkompagnien hatten die Verpflitung, bei vorkommenden Feuersbrünſten Wae zu halten und die Sprienmannſaften zu unterſtüen.
In früheren Zeiten gingen die Löſungsarbeiten mit großer Umſtändlikeit vor ſi. Es wurden Feuergaſſen gebildet, in denen die Waſſereimer von Hand zu Hand bis zur Feuerſprie am Brandplae gereit wurden, bis man ſpäter Släue für Zufuhr des Waſſers einführte. Auf dem Gebiete des Feuerlöſweſens ſind große Veränderungen und Verbeſſerungen in den leten Jahrzehnten erfolgt, ſo daß alle früheren Einritungen überholt ſind und den neuzeitlien Errungenſaften haben weien müſſen. Au iſt eine einheitlie Organiſation der Feuerwehren dur das Land hindur erfolgt, indem die einzelnen Wehren ſi zu Bezirksverbänden und dieſe zum Landesverbande zuſammengeſloſſen haben.
Die freiwillige Feuerwehr unſerer Gemeinde iſt 1862 im Ansluß an den Turnverein Amicitia gegründet worden, hat ſi aber bald von demſelben getrennt und ſelbſtändig gemat. Sie ſtand unter dem Kommando des Kaufmanns Johann Wilhelm Röthig. Im Jahre 1871 trat Fabrikbeſier Hermann Hoffmann an die Spie der Feuerwehr, weler ſi große Verdienſte um das Feuerlöſweſen dur Beſaffung verſiedener neuer Geräte, ſowie dur Einübung der Mannſaften erworben hat. Er verſah zuglei die Funktion des Branddirektors, weles Amt er no jet bekleidet. Als er 1889 das Kommando niederlegte, hat es Baumeiſter Ernſt Linke bis 1895 geführt. Seit dieſer Zeit liegt es in den Händen des jeigen Kommandanten Wilhelm Neumann. Im Jahre 1886 wurde des 1. Verbandstag der Feuerwehren hier abgehalten, 1887 feierte die Freiwillige Feuerwehr ihr 25jähriges Jubiläum. 1892 wurde das Feſt des 330jährigen Beſtehens mit Kirenparade unter dankbarer Teilnahme der Gemeinde begangen und 1902 mit dem 2. hier abgehaltenen Verbandstage das 40jährige Jubelfeſt. Die bei den Verbandsfeſten abgelegten Prüfungen der Feuerwehr haben günſtige Reſultate erzielt und erwieſen, daß unſere Feuerwehr den geſtellten Anſprüen voll und ganz entſprit. Die Zahl der aktiven Mannſaften hat zwiſen 120 ― 150 geſwankt. Sie iſt in 5 Bezirke eingeteilt. Die 1. Abteilung bilden die Steigermannſaften. Das erſte Steigerhaus befand ſi im Erbgeritsgarten, ſpäter weſtli vom Gemeindeamte. 1898 iſt dort ein maſſives Steigerhaus vom Baumeiſter Roth erbaut worden. Bei dem Tode eines Mitgliedes weht von demſelben die Trauerflagge. Den 2. Bezirk umfaſſen die Mannſaften in der Nähe des Geräteſuppens hinter dem Gemeindeamte. Dort befinden ſi eine Sprie, cirka 1500 Meter Släue, 3 Wagen mit Leitern und manerlei ſonſtige Geräte. Der 3. Bezirk hat ſeine Sprie mit Zubehör in der Fabrik von Reielt & Söhne eingeſtellt. Ihm gehört der Ortsteil von Stadt Zittau abwärts zu. Den 4. Bezirk bildet der Beerberg und Umgegend. Er beſit ein eigenes Sprienhaus auf dem Beerberge, in welem ſi Sprie mit Zubehör und Leiterwagen befindet. Zum 5. Bezirk gehört der Berg mit dem Sprienhauſe oberhalb der Sießwieſen. Die drei Sprienhäuſer ſind in den beiden leten Jahrzehnten von der Gemeinde erbaut, au ſind von ihr zwei neue Sprien beſafft worden, eine dritte hat die Feuerwehr aus dem Erlös von drei verkauften Sprien erworben, die älteſte ſtammt aus dem Jahre 1873. Die Gemeinde zahlt jährli 500 Mark an die Freiwillige Feuerwehr, die andern laufenden Ausgaben werden dur Beiträge der paſſiven Mitglieder beſtritten, deren Zahl 170 ― 180 beträgt. Die Feuerwehrleute erhalten zu ihrer Ausrüſtung: Helm, Bluſe, Gurt, Leinen und dergl., für alles andere kommen ſie ſelbſt auf. Zur Sulung der Wehr werden jährli 12 Uebungen abgehalten. Au iſt eine Samariterabteilung gebildet, wele die erſten Hülfeleiſtungen bei Unglüsfällen gewährt.
Die Feuerwehren des Landes ſtehen unter dem Protektorate Sr. Majeſtät des Königs. Dieſer verleiht denen, wele 25 Jahre ununterbroen im Dienſte geſtanden haben, beſondere Ehrenzeien. Sole haben bisher erhalten: Chriſtian Friedri Smidt, Hermann Hoffmann, Chriſtlieb Raphelt, Wilhelm Häntſ, Hermann Thumſ †, Friedri Wilhelm Großer †, Hermann Heinke, Hermann Bretſneider, Julius Hille, Adolf Grohmann. Na 20jähriger Dienſtzeit verleiht der Landesausſuß, na 10jähriger die Gemeinde ein Ehrendiplom.
Der Freiwilligen Feuerwehr iſt unſere Bewohnerſaft zu großem Danke verpflitet. Sie hat ſi bei einer großen Zahl von Bränden gut bewährt und ihrem Wahlſprue gemäß gehandelt: Gott zur Ehr', dem Näſten zur Wehr ! Sie iſt treffli ausgerüſtet und geſult, um bei vorkommenden Unglüsfällen wirkſam einzugreifen. … Auf die Hilfe der Feuerwehr zum Sierheitsdienſt, zur Aufreterhaltung der Ordnung bei großen Feſtlikeiten und öffentlien Veranſtaltungen kann ſtets gerenet werden.
Im Jahre 1873 iſt von der Firma C. G. Hoffmann eine Fabrikfeuerwehr gegründet worden, wele aus 70 ― 80 Mann beſteht und dem Landesverbande angeſloſſen iſt. Sie beſit 3 Sprien und iſt mit dem beſten Material ausgerüſtet. Die Unterhaltungskoſten trägt die Firma, ihr langjähriger Kommandant iſt Expedient Karl Wäntig, Inhaber des Ehrenzeiens. Sie hat ſtets bei vorkommenden Bränden an den Löſ- und Rettungsarbeiten in anerkennenswerter Weiſe teilgenommen.
Die Firma Auguſt Hoffmann beſit ſeit 1890 eigene Feuerwehr mit 40 Mann. Ihr erſter Kommandant war Ernſt Lange, der jeige iſt Guſtav Noa. Von ihrer Organiſation und Tätigkeit gilt dasſelbe wie von der C. G Hoffmannſen Fabrikfeuerwehr. Verſiedene Fabriken beſien außerdem für ihre Zwee Dampfſprien.
So ſind in unſerer Gemeinde 8 Sprien vorhanden, wele bei Feuersgefahr in Tätigkeit treten. Das allgemeine Alarmſignal wird dur die Dampfpfeifen der Fabriken gegeben. Die dem Brandorte zunäſt gelegene Fabrik gibt das erſte Signal. Außerdem wird mit der großen Gloe Sturm geläutet. Die Feuerwehren der benabarten Orte eilen zur Hilfeleiſtung auf Alarmſignale herzu, au rüen unſere Feuerwehren in Notfällen in die Nabarſaft aus.
F. Straßenbeleutung.
Frühere Zeiten haben keinerlei Beleutung der Straßen gekannt. Wer ſi ſeute, im Dunkel der Nat einherzugehen, nahm eine Handlaterne mit. Dieſe fanden ſi früher in faſt allen Häuſern vor, ſind aber mittlerweile faſt ganz verſwunden. Unſerer Zeit iſt es vorbehalten geblieben, au hierin Wandel zu ſaffen. Zunäſt geſah es mehr auf privatem Wege, ſei es daß einzelne Hausbeſier, Gaſtwirte oder Handelsleute Laternen an ihren Häuſern anbraten, ſei es daß ſi mehrere Nabarn vereinten, eine Laterne beſafften und die Koſten für Unterhaltung gemeinſam trugen. 1888 wurden von der Gemeinde an den witigſten Kreuzungen der Straßen Petroleumlaternen aufgeſtellt. Son dadur war eine weſentlie Verbeſſerung herbeigeführt, do war dies nur die Einleitung zu weiteren Vervollkommnungen. Im Jahre 1897 beſloſſen die beiden Gemeindevertretungen, ein neues Syſtem der Straßenbeleutung einzuführen. Man war zweifelhaft, ob man Gasglühlit oder Elektrizität anwenden ſollte. Es wurde eine Kommiſſion erwählt, wele ſi für Beleutung dur Elektrizität entſied. Die Gemeinderäte ſtimmten zu, und man trat mit der Geſellſaft Union in Berlin, wele in Neuſalza ein Elektrizitätswerk erritet hatte, in Verbindung. Von dort aus ſollte die Leitung hierher erfolgen. Es wurde mit dem Werke ein Vertrag abgeſloſſen und die Anlage dur den Ort hindur erritet. Es traten aber in der Folge unliebſame Verhandlungen mit der Union ein, da das Lit nit von der Zentrale, ſondern dur eine hier aufgeſtellte Lokomobile erzeugt wurde, ſodaß der Gemeinderat ſließli von dem Vertrage zurütrat. Die Geſellſaft Union änderte ihren Namen in: Elektrizitätswerke Oberlauſi, Hermann Baſtein, um. Na Wiederaufnahme der Verhandlungen übernahm das Werk die Koſten für die Anlage der Leitung. Die Gemeinde ſollte für eine 16kerzige Lampe 2 ¼ Pfennig, für eine 25kerzige 3,515 Pfennige pro Brennſtunde zahlen, außerdem für Armatur, Inſtandhalten und dergleien der Lampen jährli 3 Mk. pro Lampe. Na verſiedenen Probebeleutungen entſied man ſi für Verwendung des Glühlits und nit des Bodenlites. Es wurden zunäſt 264 Lampen mit 25kerzigem Lite eingeritet. Auf der Blumenſtraße wurde ein Elektrizitätswerk gebaut, in welem der von Neuſalza hergeleitete Strom in Akkumulatoren geſammelt und na den verſiedenſten Seiten abgegeben wird. Da das Lit im Winter 1899 ― 1900 auf den Straßen und bei den Anſlüſſen in den Häuſern viel zu wünſen übrig ließ, traten wieder unerquilie Verhandlungen zwiſen Gemeinderat und dem Werke ein, wele zur Kündigung des Kontraktes führten. Die Gemeinde iſt ſeitdem Abnehmer der Elektrizität, wie jeder Privatmann. Die Koſten für Beleutung werden na Brennſtunden zu den oben genannten Säen berenet. Trodem im Monat Juni gar nit gebrannt wird, und im Juli nur zur Sießzeit, betrug 1902 der Geſamtaufwand 9118 Mark 32 Pf., dazu kommen no die Koſten für Inſtandhaltung, 3 Mark pro Lampe, ſo daß die Straßenbeleutung rund 10 000 Mark Koſten verurſate. Dieſe ſind aus den Sparkaſſenüberſüſſen gedet worden. Der höſte Verbrau für Lit, 1500 Mark, fand im Monat Januar ſtatt, der geringſte von 200 Mark im Juli. Die Zahl der Lampen hat ſi dur Erweiterung der Leitung und Einſaltung neuer von urſprüngli 264 auf 330 erhöht, nämli 316 Stü 25kerzige und 14 Stü 16kerzige. Störungen in der Leitung ſind in leter Zeit wenig vorgekommen, au brennt das Lit jet zur allgemeinen Zufriedenheit.
Quelle: Chronik von Neugersdorf, bearbeitet von Carl Melzer, Pfarrer. 1903