Auszüge aus der Melzer-Chronik 1903

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Zierornament

3. Kapitel

Geſite der Gründung.

 


 

A. Neugersdorf.

Dur den 30jährigen Krieg war die Oberlauſi, wele Jahrhunderte hindur mit der Niederlauſi und Slesien zum Königreie Böhmen gehört hatte, unter Kurfürſtliſie Herrſaft, alſo unter einen evangeliſen Landesherrn gelangt. Böhmen aber war unter der Oberhoheit des Kaiſers, damals Ferdinand III., alſo unter einem katholiſen Herrſer, verblieben. Na dem Grund­ſae: cujus regio ejusreligio, d. h. Wem das Land gehöre, deſſen Religion gelte au für die Untertanen, konnte nun die evangeliſ geweſene Oberlauſi au evangeliſ verbleiben, während Böhmen, deſſen Bewohner über ein Jahrhundert lang der evangeliſen Lehre zugehört hatten, wieder katholiſ werden ſollte. Es hat daher der Oberlauſi au in religiöſer Beziehung zu großem Segen gereit, daß ſie an Saſen gekommen iſt, ſonſt wäre au in ihr das aufgegangene Lit des Evangeliums wieder mit Gewalt ausgelöſt worden, und die Oberlauſi wäre ein katholiſes Land wie Böhmen, in welem do um des Evangeliums willen der 30 jährige Krieg zum Ausbru gekommen, und das zu neun Zehnteln ſeiner Bewohnerſaft evangeliſ geweſen war. Ueber Böhmen bra nun das Verhängnis herein. Wohl ſträubten ſi die Bewohner des Landes, daß in ihren Kiren wieder katholiſer Gottesdienſt eingeritet wurde, … aber die Widerſtrebenden wurden mit Gewalt dazu gezwungen. … Es fügte ſi eine große Zahl äußerli dem Zwange, während ſie im Geheimen zuſammen kamen und Hausgottesdienſte abhielten. Eine andere Zahl aber, wele treu bei ihrem evangeliſen Glauben beharren wollten, verließen ihre Heimat und wanderten in evangeliſe Lande aus.

Son während des 30jährigen Krieges haben ſi Auswanderer aus Böhmen na ſäſiſen Städten gewendet und neue Niederlaſſungen gegründet. So war die nach dem Kurfürſten Johann Georg benannte Stadt Johanngeorgenſtadt in jener Zeit entſtanden. Größer aber wurde der Strom derer, die um ihres Glaubens willen Heimat, Hab und Gut verließen, als die ſwere Zeit der Bedrüung dur die Gegenreformation eintrat. Orte, wie Neuſalza und Walddorf ſind damals gegründet worden, und au unſer Ort verdankt den glaubenstreuen Auswanderern ſeine Entſtehung. Wie die meiſten derſelben ſi in der Nähe ihres geliebten Heimatlandes Böhmen niederließen, ſo hatten au die erſten hieſigen Anſiedler die an das Böhmerland angrenzende Waldung ſi zu einer Wohnung auserſehen. Der wild empor gewaſene Wald entbehrte jeglier Kultur. Nur fanden ſi auf den ſumpfigen Stellen Wieſen vor, wele reilies Heu trugen. Von Rumburg aus führte ein Weg na Ebersba, weler wahrſeinli dur die frühere Vorderee, jet Albertſtraße, hindur gegangen iſt. An dieſem Wege haben ſi die erſten Anſiedler niedergelaſſen, und zwar in der Nähe des Büttnerborns, weler ein alter Ziehbrunnen geweſen ſein ſoll. Ob derſelbe no von dem erſten zerſtörten Gersdorf herſtammt, möte zweifelhaft ſein, da ſi dasſelbe nit ſo weit erſtret, ſondern eher auf dem Boden des ſpäteren Altgersdorf geſtanden hat … Fritſe nimmt zwar an, daß au auf der Flur des ſpäteren Neugersdorf das erſte Gersdorf geſtanden habe, weil in den Gründungsurkunden von Neugersdorf von alten Ziehbrunnen und alten ausgebohlten Waſſerlöern die Rede ſei, wele wieder hergeſtellt werden ſollten. In derſelben Gründungsurkunde heißt es aber auch: Desgleien auf der andern Seite des Brunnens, da vorhin (früher) dem Berit na das Dorf geſtanden haben ſoll. So iſt wohl anzunehmen, daß das alte Gersdorf nit bis zum Büttnerborn gereit hat, und dieſer wäre dana ein Brunnen für Vorüberziehende geweſen, die dort ihren Durſt geſtillt und ihr Vieh getränkt hätten. Den Büttnerborn nennt eine Urkunde einen Brunnen, daraus die Spree entſpringt, au ſeien verſiedene Nebenquellen vorhanden, ſo daß wir anzunehmen haben, daß das Waſſer von da aus abgelaufen und mit dem aus dem waldigen Boden kommenden vereint der Spree zugefloſſen ſei. Na Fritſe ſoll der Büttnerborn ſeinen Namen von einem Manne, namens Kubert, weler ein Büttner oder Bötter geweſen ſei, erhalten haben.

Büttnerborn
Der Büttnerborn vor 50 Jahren.
(Na einer gelegentli des 200jährigen Ortsjubiläums im Jahre 1857 geprägten Medaille.)

Dieſer habe an der Stelle, wo etwa die Roſenſenke jet ſteht, in den Jahren 1650 ― 55 eine kleine Senke und Krämerwirtſaft beſeſſen und an die Vorüberziehenden Lebensmittel und Getränke verkauft. Die Quelle für dieſe Narit iſt nit genannt, ſo daß ſie wohl wie manes andere in das Berei der Sage gehört … So viel ſteht aber feſt, daß die erſten Anſiedlungen in der Nähe des ſogenannten Büttnerborn erfolgt ſind. … Die erſten Anſiedler ſtammten aus Rumburg, Ehrenberg, Oberhennersdorf, Georgenthal, Tollenſtein, Ober- und Niedergrund, Sönborn, Warnsdorf, alſo aus Grenzorten, und es war ſon im Jahre 1657 … eine große Anzahl von Auswanderern vorhanden, nämli 164 Mann, ungerenet Frauen und Kinder. … Die älteſten Namen, wele urkundli feſtſtehen, und den Käufen und Renungen aus jener Zeit entnommen ſind, ſind folgende: Berndt au Berndhardt, Franze, Tiee, Haußig, Herzog, Rudolph, Halang oder Halank, Hoffmann, Saſe, Seri, Hennig, Clemens, Künel (Kühnel), Rieſe, Römer, Wunderli, Seiler, Kleinmaß, Winkler, Palmann, Hölzel, Matthes, Wünſe, Fiedler, Poliſ, Zentſ, Tſenſ, Sindler, Häntſ, Häns, Häniſ, Stübner, Smiedt, Smidt, Bittri, Bitterli, Neumann, Sole, Bahni, Tempel, Hille, Wenzel, Rumpf, Dreßler, Oppelt, Dießner, Rabe, Got, Heſſe, Herwig, Röthig, Bräuer, Niel, Lauermann, Suſter, Grohmann.

Einige dieſer Namen ſind jet in unſerer Gemeinde nit mehr vorhanden, während ſi andere weit verzweigt haben. … Eine vollſtändige Ueberſit über die Namen der älteſten Bewohner ergeben die Kirenbüer, wele leider erſt mit dem Jahre 1700 beginnen. In denſelben ſind außerdem no folgende Namen zu finden, wele au zu den erſten Bewohnern mit gehören können, nur daß ſie ſi nit in den älteſten Urkunden vorfinden: Bundesmann, Söbel, Hoferiter, Müller, Menzel, Mai, Eihorn, Otto, Priebs, Porſe, Rieel, Clemenz, Hoffmann, Zumpe, Grüner, Bär, Bergmann, Seibt, Thumſ, Winkler, Reielt, Krauſe, Herbri, Hänel, Seifert, Aert, Hänſel, Klippel, Fröhli, Römer, Raphelt. Die Anſiedlung hätte nit erfolgen können, wenn nit der Beſier des Gersdorfer Waldes, Graf Euſebius von Pötting, dazu geneigt geweſen wäre. Er ließ zunäſt in der früheren Vorderee Holz abſlagen, das teils zum Bauen neuer Häuſer verwendet, teils als Brennholz verklaftert wurde. So ſtanden ſon im Jahre 1657 at neue Häuſer vollſtändig fertig da, während 18 andere Häuſer aufgebaut, aber no nit ausgebaut und mit Bedaung verſehen waren. Die erſten 8 Häuſer waren ſon verkauft, die andern mit no unangekauften Perſonen beſet. Die Häuſer hatte der Graf ſelbſt dur den Zimmermann Haußig bauen laſſen. Jede Bauſtelle war auf 180 Ellen Länge und 60 Ellen Breite abgeſtet, ſodaß ſie 10 800 Quadratellen groß war. Haus und Pla koſteten 52 Taler, wele zur Erleiterung das Ankaufs in 12 Jahren bezahlt werden ſollten.

Zu jedem Termin ſollten 4 Taler 8 Groſen entritet werden, dann ſollten 3 Freijahre folgen, ſodann aber ſollten die Beſier zu folgenden Leiſtungen verpflitet ſein:
12 Groſen Rauſteuer,
4 Groſen 8 Pfennige Erbzins,
4 Groſen 8 Pfennige Stuhl- und Handwerkerzins,
6 Tage Hofedienſte tun,
3 Klaftern Holz maen,
1 Stü klein Garn ſpinnen, dafür die Obrigkeit 2 Groſen Spinnerlohn giebt,
4 Groſen 8 Pfennige von jeder Kuh, die im Walde gehütet wird,
2 Groſen 8 Pfennige für den Graſezettel.

Wo das Holz auf einer Bauſtelle nit abgeſlagen war, wurde es mit verkauft in der Erwartung, daß aus demſelben das Haus gebaut und der Grund und Boden zu Aerland umgewandelt werde. Unter den im Jahr 1657 aufgebauten Häuſern befand ſi au ein Kretſam oder Gerit, wie es in der Urkunde heißt, daß oberhalb des Kretſambs der Brunnen ſei. Die Konzeſſion für den Kretſam zum freien Bier-, Wein- und Salzverkauf iſt am 13. März 1658 ausgeſtellt worden. Da der Graf von Pötting au das andere Stü, da vorhin das Dorf geſtanden und jet zur Safhütung gebraut wird, abholzen ließ, damit Häuſer dorthin gebaut werden ſollten, ſo wurde auf einer zweiten Stelle mit der Anlegung des Ortes begonnen. Dies iſt in der früheren Hinteree geſehen. Die erſten Häuſer mögen wohl in der Mitte derſelben geſtanden haben.

Da die Auswanderer ihres Glaubens wegen ſi einen neue Heimat begründeten, ſo hatten ſie ſi bei ihren Grundherrn verſiert, daß ſie bei ihrem evangeliſen Glauben verharren konnten. Vom Hauptmann Otto zu Rumburg war ihnen die Zuſage gegeben worden, daß die Einwohner dieſes Dorfes Gerßdorff in die evangeliſe Kire zu Leutersdorf eingepfarrt ſeien und zu keiner andern Religion oder in andere Kiren, außer wem es ſelbſt beliebt, zu gehen genötigt werden ſollen. Es lag den Anſiedlern nahe, das Dorf mit dem Namen das neue Gersdorf Neugersdorf zu benennen. Eine Urkunde ſagt: Der Gersdorfer Wald, ſo jezo wegen etlier neuerbauter Häuſer New Gersdorf genannt wird. Die aus der Herrſaft Rumburg Entwienen blieben au na ihrer Ueberſiedlung na Neugersdorf Untertanen ihres Rumburger Grundherrn. Eine Anzahl war na anderen Orten gezogen und dadur der Herrſaft Rumburg verloren gegangen. Dem Grafen lag nun daran, daß dieſe wieder unter ſeine Herrſaft zurükehrten. Er wendete ſi darum an den Landvogt zu Bauen mit dem Erſuen, die Entwienen dur Landreiter einholen und zurübringen zu laſſen. Die Bewohner von Neugersdorf moten davon gehört haben und Gefahr für ſi und ihre Familienglieder vermuten. Sie riteten darum an den Landvogt in Bauen die Bitte um Abſrift der bisherigen Verhandlung und Grenzbeſitigungen zu ihrer eigenen und ihrer Nakommen Sierheit. In dieſem Sreiben vom 8. Januar 1658 legten ſie dagegen Verwahrung ein, daß ſie Emigranten, d. h. Auswanderer wären, ſie nennen ſi … vorſälierweiſe vertriebene arme Leute. Sie gaben die mannhafte, glaubens­treue Erklärung ab, daß ſie ſi, no ihre Kinder und Geſinde in keine Leibeigenſaft oder ins böhmiſe Gebiet gehörende Orte zwingen laſſen würden, ſollten ſie glei in äußerſte Armut gehen, ſoweit als ihre Füße ſie tragen könnten.

Im Jahre 1660 wiederholte ſi das Erſuen des Hauptmanns Otto, der eine Liſte von 22 Perſonen aufgeſtellt hatte, wele wieder auf Rumburger Gebiet zurügebracht werden ſollten. Bei der Landvogtei zu Bauen waren aufgrund eines Berites der Rumburger Herrſaft Zweifel entſtanden, ob ſo viel Menſen, als von Böhmen ausgewandert ſeien, au auf dem Gebiete des Gersdorfer Waldes entſpreende Nahrung und Beſäftigung finden könnten. Es fand eine Beſitigung der Oertlikeit ſtatt, das Urteil aber lautete ziemli ungünſtig. Trodem wurde am 16. Oktober 1658 von dem Amtshauptmann zu Bauen die Bewilligung ausgeſproen, daß die Beſiedelung erfolgen könne. Die Bewohner ſollten ſi als treue Untertanen gegen ihren Grundherrn erweiſen.

Was nun die Perſönlikeit des Grafen Pötting betrifft, ſo iſt ja ſelbſtverſtändli, daß es ohne ſeine Förderung und Mitwirkung nit zur Gründung des Ortes gekommen wäre, und daß darum Neugersdorf ihm ein dankbares Angedenken ſuldig iſt. Das aber möte do ausgeſloſſen ſein, daß ſeine Bereitwilligkeit zum Aufbauen des Ortes aus der Rüſit hervorgegangen ſei, den Evangeliſen zu helfen, ihres Glaubens in einem andern Lande ungeſtört weiter leben zu können. Er ſute vielmehr die evangeliſen Bewohner ſeiner Rumburger Herrſaft, wele um ihres Glaubens willen ihre Heimat verlaſſen wollten, auf ſeinem kurſäſiſen Gutsbezirke, der ihm ſoeben als Lehen zugeſproen worden war, feſtzuhalten. Auf dieſe Weiſe erhielt er ſi ſeine Leute, … gab ihnen Häuſer, Grund und Boden und nute dadur den neuen Beſi, weler ihm zugefallen war, vorteilhaft au für weitere Zeiten aus. In jener Zeit der Gewaltmaßnahmen und Bedrüung der Evangeliſen wäre unter einem andern Grundherrn wohl ſwerli ſoles Verfahren angewendet worden, wie es der Graf Pötting gegen die erſten Anſiedler von Neugersdorf ausübte, da er den neuen Anſiedlern vollſtändige Freiheit zur Ausübung ihres evangeliſen Glaubens gelaſſen hat.

Es liegen dazu Urkunden vor [Seiten 24 bis 34].


B. Altgersdorf

Die Gründung Altgersdorfs iſt etwas ſpäter erfolgt als die von Neugersdorf. Die erſten Häuſer ſind die Achthäuſer geweſen, wele wie die ſpätern Fünfhäuſer Neugersdorfs den Namen von ihrer Anzahl erhalten haben. Au hier ſute man dem Waſſer mögliſt nahe zu bauen. In einer Urkunde mit unbekannter Jahreszahl heißt es: Demna im Jahre 1657 der allhier wüſte gelegene Ort mit at Häuſern, ſo an der Spreequelle gegen Ebersba angrenzend zu erbauen angefangen worden, worauf einige Rudera von einem ehemahlig allhier geſtandenen Gottes Hauſe aufgefunden ſind.

Na dieſer Narit hätte die Kire des zerſtörten Gersdorfs nit in der Nähe der jeigen Berndtſen Fabrik, ſondern in den Athäuſern geſtanden, was aber na den ſiern Gründungsurkunden für Neugersdorf unwahrſeinli iſt. Der Stadtrat zu Zittau, weler Ebersba mit Friedersdorf und dem Vorwerk zu Gersdorf im Jahre 1597 von Friedri von Sleini gekauft hatte, war Beſier des Grund und Bodens. Dieſes Vorwerk, weles zumeiſt aus Wald beſtand, zog ſi von der nördlien Grenze Altgersdorfs über den Kuhzahl, Beerberg, Kranipfüe, Langewieſe bis zum Dreieer. Die Grenze bildeten die Fluren von Eibau und Leutersdorf na Oſten, na den andern Seiten wurde Altgersdorf von dem Flurbezirk Neugersdorf begrenzt. Die Nariten über die Gründung Altgersdorfs ſind ſpärli, da das Zittauer Ariv bei dem Bombardement Zittaus im Jahre 1757 mit verbrannt iſt. Es iſt aber im hieſigen Gemeindeariv der vom Rate zu Zittau am 15. Juni 1662 bei Erbauung des Dorfes ausgeſtellte Freiheits- und Verſorgebrief vorhanden, weler einigen Anhalt bietet. Bis zum Jahre 1662 waren ſon mehrere Häuſer aufgebaut worden, ſodaß der Rat zu Zittau einen Riter in der Perſon Chriſtoph Wünſes beſtellt hatte.

Dieſer wendete ſi für ſi und mehrere andere Perſonen an den Rat zu Zittau mit der Bitte, ihnen bei dem Aufbauen ihrer Häuſer und während der Zeit ihres Aufenthalte Erleiterung und Vergünſtigungen zu gewähren. Der Rat zu Zittau hatte dies au den Bittſtellern und allen ander, wele auf des Rates Grund und Boden na erlangter Zuſtimmung aufbauen und ſi niederlaſſen würden, in entgegenkommender Weiſe zugeſtanden, wie ſoles au anderwärts den Untertanen gegenüber geſehen iſt. Es ſollten dana alle, wele ſi auf Zittauer Gebiete niedergelaſſen hatten, von jeder Abgabe 4 Jahre lang befreit ſein, dana aber ſollten von jedem Hauſe 3 Reistaler entritet werden.

Es ſind ſieben Punkte genannt, wele in dem unten abgedruten Freiheits- und Verſorgebriefe näher aufgeführt ſind. Die Beſtätigung dur den Landvogt zu Bauen erfolgte am 30. März 1666. Dieſe Bedingungen ſind jedenfalls ſwerere geweſen, als die vom Grafen von Pötting für die Anſiedler Neugersdorfs geſtellten. Daſelbſt koſtete Haus und Stelle nur 52 Taler und die regelmäßigen Abgaben waren weit niedrigere. Die Zahl der Häuſer und Bewohner Neugersdorfs war daher von vornherein eine viel größere als in Altgersdorf. Die emigranten aus der Rumburger Herrſaft durften ſi außerdem nit in Altgersdorf niederlaſſen, ſo daß die erſten Anſiedler in Altgersdorf aus anderen Gegenden Böhmens ſtammen. Es wurden die Bauſtellen au halbiert, ſo daß es Ganzhäuſler und Halbhäuſler gab, wele Bezeinung über zwei Jahrhunderte geblieben iſt. Während die Ganzhäuſler 3 Taler zu entriten hatten, zahlten die Halbhäuſler nur einen Taler zwölf gute Groſchen.

Son in früheſter Zeit ſind von dem Rate der Stadt Zittau dem Pfarrer, Sullehrer und Riter Aeer und Wieſen zur Benuung übergeben worden. Ebenſo ſenkte Zittau den Grund und Boden für Kire und Kirhof. Dieſer letere iſt Kirlehn geworden, das Areal, weles dem Pfarrer und Sullehrer überwieſen wurde, iſt Pfarr- und Kirſullehn geworden, die Riterfelder ſind in Beſi des Kretſambeſiers übergegangen.

In Abſrift möge nun der Freiheit- und Verſorgebrief Altgersdorfs, den der Rat zu Zittau ausge­ſtellt hat, folgen:

Wir Curt Reinicke, Freiherr von Callenberg, Herr der Erbherrschaft Mußkau, auch auf Wettsingen und Westheimb u. Churfürstl. Durchl. zu Sachsen u. Bestalten Ober Hof Marschall, würklich Geheimer Rath Vollmächtiger Land Voigt de$ Marggrafenthumb$ Ober Lausiz, Cammer Herr und Obristen Uhrkunden hiermit, daß in$ Churfürstl. Sächßl. Ober Ambt anhero, Christoph Windisch, und George Rudolph, Inwohner zu Gir$dorf, durch einen, unter Er. Erbaren Rath der Stadt Zittau, Insiegel, also von ihnen genannten Versorg oder Vergleich, und sonsten in Schriften zu vernehmen gegeben, Waß maßen gedachter Rath, nicht allein Ihnen, sondern auch allen andern Personen, welche daselbst zu genannten Gierßdorf, auf Ihren de$ Rath$, vorher erlangten Consens, auf Bauen und sich würklich Niederlaßen würden, Vier Jahr lang aller und jeder Beschwerden oder Anlagen entnommen und gäntzlichen Befreyet: Nach Außgang solcher Vier Jahre aber Sie sich pflichtig und schuldig gemacht hatten, alle Jahre zu gewißer Zeit, von Ihren Häußern Handwergk oder Nahrung Drei Rthlr: zu erlegen:

1., Alß Nehmlichen Ein Leineweber von jedweden Stuhl soviel er deren sitzen möchte Einen Thlr.

2., Steuer, so lang sie bei dem Rathe verbliebe, Jährlichen Zwölf groschen.

3., Vor Sechs tage Jährliche Hofedienste Achtzehn gl.

4., Vor Drei Lochtern Holz zu machen, Neun grosch.

5., Erbzinsh, Jährlichen Zwei groschen.

6., Vor Ein stück Jährlich zu Spinnen drey groschen.

7., Vor Eine Kuh de$ Jahre$ im Walde zu hütten Vier groschen.

Mitt darauf an Uns gelangter dehmütig gehorsamen bitt, Wie solchen Freyheit$- und Versorg$ Vergleich tragenden Amt$ wegen Confirmiren und Ratificiren wollten, Welcher dann lautet, wie originaliter folget:

Wir Bürgermeister und Rathmanne der Stadt Zittau imm Marggrafenthumb Ober Lausiz, Hiermitt Thun Kundt vndt bekennen:

Demnach Unn$ Unser verordneter Richter zu Gir$dorf Christoph Wünsche nebst mehreren Andern Personen, welche daselbst aufgebawen vndt sich wesentlich nieder zu laßen bedacht sein, gehorsamblich angeflehet haben; Ihnen zur einigen Behuf Ihrer wagenden Mühe vndt Unnkosten, eine ergezlichkeit wiederfahren zu laßen. Vndt Wir gleichwohl inn erwegung gezogen, daz, weil nebst Angränzender vnndt Annderer ortte$, denen Unterthanen dergleichen auch zu wiederfahren pfleget, ihr suchen der Billigkeit nicht entgegen stehet; Alß bewilligen Wir hiermitt vndt im Kraft diese$, auß obrigkeitlichen Gemütte, vndt wohlweißenlich geschehen laßen, daz eine Jede Person oder Unnterthan, welcher daselbst auf Unseren vorhergehenden Consens 3., aufzubawen gesonnen, außest Vier Jahre lang, Aller vndt Jeder Beschwerden oder Anlagen entnommen, vndt gänzlich befreyet sein solle.

Die sieben Punkte standen vorher.

Vndt ist dem Richter vndt Unterthanen zue genannten Girßdorf, zue mehrer Versicherung, dieser Versorg, vnndter Gemeinder Stadt wißentlich vorgetruckten Innsiegell au$gestellet worden;

So geschehen inn Zittau, denn 15. Juny Ao 1662.

(L. S.)

Wann dann wir obgedachter Ober Hof Marschall, Geheimer Rath, Land Voigt, Cammer Herr und Obrister, Ihre der Supplicanten dehemütige bitt, der Billigkeit gemeeß zu sagen erachtett: Alß haben im Rahmen und an statt de$ Durchlauchtigsten Hochgeborenen Fürsten und Herrn, Herrn Johann Georgen de$ Andern, Herzogen$ zu Sachßen, Jülich, Cleve, und Bergk de$ Heil. Röm. Reich$ Erz-Marschalchen und Churfürsten, Landgenoßen$ in Thüringen$, Marggrafen$ zu Meißen, auch Ober und Nieder Laußiz, Burggrafen$ zu Magdeburg, Grafen$ zu der Mark und Raven$berg, Herrn zu Ravensetin, Unser$ gnädigsten Churfürsten und Herrn$, und au$ macht von Sr. Churfürstl. Durchl. Un$ aufgetragenen Ambt$, Wir diesen vorher befindlichen Freiheit$- und Versorg$-Brieff Confirmirt und Ratificirt.

Confirmiren und Ratificiren auch solchen hiermit und in crafft diese$ Briefe$ dergestalt und also: Daß mehr erwehnter Freyheit$ und Versorg$-Brief, in allen seinen puncten Clausuln und articuln stet, fest und unverbrüchlich verbleiben, ein- und da$ andere Theil der gebühr nach darbey geschützt und erhalten auch deme zugegen nicht beschweret werden sollen Jedoch der Hohen Obrigkeit an Lehendiensten, Volgen und andern zustehenden Regalien, Herrlig und Gerechtigkeiten, wie auch sonst jedermänniglichen und vorhergehenden ältern Beweißlichen Rechten$ unschädlich.

Uhrkundlich haben Wir unser Größer Ober Ambt$ Secret auf diesen Brieff wißendlich drücken laßen, der gegeben ist auf dem Churfürstl. Sächßl. Schlo$ zu Budi$sin, am dreißigùen Marty' de$ Eintausend Seà$hundert seà$ und seàzigùen Jahre.

(L. S.)

C. R. Hr. F. Callenberg.


Quelle: Chronik von Neugersdorf, bearbeitet von Carl Melzer, Pfarrer. 1903