Burg und Kloster Oybin

Die Kirchenbauten.

5. Die Kapellen.

Den drei Abteilungen des „Kreuzganges“ entsprechen darüber drei Kapellen (Fig. 145, 150 u. 153), mit regelmäſsig gebildeten, jetzt aber fehlenden Kreuzgewölben. Die östliche Kapelle schlieſst in drei Seiten eines Achtecks. Von der westlichen führt eine spitzbogige Tür in den ehemals gewölbten Raum vor der Kirche. Rechts in der Türleibung ist eine Nische.

Jede Kapelle steht mit dem Schiff der Kirche durch eine Tür in Verbindung (Fig. 154 u. 155); unter sich sind sie verbunden durch zwei Oeffnungen im Spitzbogen, der sich sehr dem Halbkreis nähert. Diese Oeffnungen waren jedoch durch ein Gitter verschlossen, wie aus den Dübellöchern in den Leibungen hervorgeht; in einem Loche ist noch der Rest eines hölzernen Gitterstabes. Fig. 179 zeigt Profil und Sockel der vorderen, Fig. 180 der hinteren Oeffnung. Auch diese Profile tragen den weichen Charakter der Prager Schule, wie er bereits am Triumphbogen hervortrat. Es fällt wieder als Unregelmäſsigkeit auf, daſs bei der vorderen Oeffnung der eine Sockel wie Fig. 180, der andere dagegen wie Fig. 181 gebildet ist.

Fig. 179–181. Oybin, Gewände in den Kapellen.

In der mittleren Kapelle sieht man ein Weihekreuz. In der Auſsenmauer der östlichen Kapelle ist eine Nische mit Wasserabfluſs nach auſsen.

Unter dem Eckstreben in derselben Kapelle mündet dicht über dem Fuſsboden ein im Mittel 30 cm weiter Kanal mit abgeglätteter Schräge (Fig. 182 und 183). Der Kanal geht unter dem Streben durch in die angrenzende Sakristeimauer, hier ziemlich gerade in die Höhe, biegt aber vor der Ausmündung auf der Mauerkrone um, geht in den Strebepfeiler und setzt sich in ihm noch ca. 150 cm fort, immer enger werdend und schlieſslich in das volle Mauerwerk übergehend. Ruſs ist nicht zu sehen. Bei der Umbiegung des Kanals aus der Sakristeimauer in den Strebepfeiler sind die Quader sorgfältig abgespitzt.

In derselben Kapelle liegen die Konsolen Fig. 184 bis 189. Die Eckkonsole Fig. 184 hat das feine Profil Fig. 185. Durch die starke Unteransicht erscheint die Kehle bedeutend länger als das sich demgegenüber optisch verkürzende Simswerk, wodurch die Konsole tatsächlich so wie in der perspektivischen Zeichnung dargestellt erscheint. Die Konsole Fig. 186 zeigt ein nach unten grichtetes Ungeheuer mit bärtigem Kopf, das einen gotischen Sims trägt. Die anderen beiden Konsolen (Fig. 187 und 189) bestehen aus Kehle und Blattwerk, darunter ein Vogel mit langem Hals, der bei Fig. 186 abgewittert ist. Die Eckkonsole Fig. 189 befindet sich in der ersten westlichen Kapelle. Zwischen dem ersten Paar der schlanken Fenster in derselben Kapelle ist ein Hundekopf als Konsole. Die übrigen Konsolen sind den gezeichneten ähnlich.

Diese Konsolen im Verein mit denen in der Sakristei gehören zu den besten Arbeiten der gotischen Kleinplastik und reihen sich würdig den gleichzeitigen Schöpfungen derselben Schule in Schwaben und Böhmen an.

Fig. 191.
Fig. 192.
Schlußstein

Die Fenster der Kapellen sind zweiteilig. Das Maſswerk in einem der beiden Fenster der Mittelkapelle zeigt Fig. 190.

Das Rippenprofil ist wie in der Sakristei (Fig. 176).

Einer der Kapellen oder der Sakristei muſs der in der Schlucht unter der Kirche ausgegrabene Schluſsstein (Fig. 191, 192) angehören.

Der gleiche Sockel wie an der Kirche umzieht auch die Kapellen mit ihren Strebepfeilern. Das Profil des Traufsimses besteht aus Platte und Kehle. Die Schräge des ehemaligen Pultdaches über den Kapellen ist durch den Falz an den Strebepfeilern bestimmt.

[nach Angaben der „Beschreibenden Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen.“
29. H.: Amtshauptmannschaft Zittau. 1906.]

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