Beginnen wir am Alt-Gersdorfer Kretscham, dem späteren „Stadt Zittau“. Dieser Kretscham wurde bereits mit der Entstehung von Alt-Gersdorf 1667 errichtet und war Richtstube wie Gasthaus in einem. Im 18. Jh. kam Familie Schöbel in dessen Besitz und hat ihn über alle Wirrnisse und Zeiten bewahrt. Trotzdem kam es zu verheerenden Bränden wie 1880 als quasi alles nebst Scheunen usw. niederbrannte.
Er wurde größer und schöner wieder aufgebaut, halt so, wie man das Hotel „Stadt Zittau“ eigentlich kennt. Und die Feste wurden wieder gefeiert !
Aus dem „Stad'l“, wo der Karneval wohnte und gar der Rundfunk zu Besuch war [„Alte Liebe rostet nicht“] wurde das „Stadt'l“, eine Disco- und Konzertbühne. Das „Staad'l“ hat sich dafür in die hinterste Ecke des Hauses verzogen. Zu unrecht, denn die urige Gaststätte ist schon ihrer Küche wegen den Besuch wert.
Die Gaststätte gibt es noch; wo einst Hotel war, logiert „Eiscafé LaLuna“. Aber der große Tanz- und Veranstaltungsanbau wurde im Winter 2021/22 abgerissen. Wieder ein Highlight weniger …
Die „Rudolf-Breitscheid-Straße“ hieß früher einfach „Georgswalder“ und ist eine der ältesten im Ort. Ihr Verlauf blieb in den Jahrhunderten so gut wie unverändert.
Das erste Gebäude (Nr. 1) am Beginn der Straße war eine Bedürfnisanstalt. Die wurde vor 1900 errichtet, ewig genutzt und in den 80ern beseitigt.
Nr. 3 ist gleichfalls abgerissen; hier befand sich jahrelang ein Schreibwarenladen.
Wenigstens unsere schöne Evangelische Kirche ist geblieben. Ihr markanter Kirchturm wurde erst 1855 erbaut und musste nach schwerem Sturmschaden 1868 repariert werden. Seit 1872 zeigt er sich in heutiger Form.
Die Kirche selbst entstand 1735 als Umbau und Erweiterung eines 1667 geschaffenen Gotteshauses.
Ringsum die Kirche wurden die ersten Gräber eingerichtet, wovon nur noch wenige Grabplatten und die Schöbelsche Gruft erhalten blieben. Bald erwies sich dieser Kirchhof als zu klein und es half auch nicht, dass der Pfarrer Teile seines Gartens dafür abgab. – Ein neuer Friedhof musste her und lag seit 1872 auf der anderen Seite der Straße. Doch auch 1905 erwies er sich als zu klein und wanderte zwei Jahre darauf an den Ortsrand auf Eibauer Flur …
Das nächste, recht bescheidene Häuschen ist das Pfarrhaus. 1755 erbaut, ersetzte es einen 1747 abgebrannten Vorgängerbau.
Daneben befand sich eine der ersten Kirchschulen.
Die Straße rechterhand führt am Lutherhof vorbei. Nur die Berufsschule, die ist auch weg …
Wir bleiben auf der Breitscheidstr., die heute kaum noch Geschäfte oder Gewerbe beherbergt. Ich erinnere mich an ein Haushaltwaren- bzw. Ofengeschäft oder an „Bild & Souvenir“, einer Reha-Einrichtung, die kunstvolle Stroh-Intarsien- und Wildblumen-Blüten-Bilder in Heimarbeit fertigte und in alle Welt exportierte …
Auch von „Hosen-Reichelt“ ist nur noch das ursprüngliche Stammhaus geblieben, das einige Jahre gar als Schulgebäude genutzt wurde. Heute ist es ein ehrwürdiges Wohnhaus, dem gegenüber an der „Ernst-Thälmann-Straße“ die Katholische Kirche lag, eine ziegelrote Villa in einem großen parkartigen Garten.
Gegenüber Richtung Süden steht ebenfalls ein wohlbekanntes Gebäude. Hier befand sich jahrelang die örtliche Gewerbebank. Die Straße senkt sich in die Niederung des früheren Mühlenfließes und geht weiter Richtung Böhmen …
Die Glasfabrik hier ist ebenso Geschichte wie Textilfabriken. Wir könnten nun weiter bequem ins Böhmische gelangen und würden dabei „Rößlers Ballhaus“ passieren, wo auch der Tischtennis seine Heimstatt hat.
Auch an einem Schuhhaus und einem Motorradgeschäft wären wir vorbei gekommen, ehe wir an der Staatsgrenze auf „Butter-August“ oder das „Hirtenhäusl“ getroffen wären – alles nicht mehr zu finden.
Wir biegen statt dessen in die Auenstraße. Die Häuschen hier verraten, dass wir uns wieder in einem sehr alten Siedlungsteile befinden – in der Aue.
Der große Teich, der linkerhand sich hinter Bäumen versteckt, ist der Mühlteich [s. Teiche], im 17. Jh. noch als „Wahlteich“ benannt. Er gehörte zur „Roten Mühle“, einem Bauwerk in der Mühlgasse, dass seinen Namen dem Umstand verdankt, als 1. Haus im Orte ein Ziegeldach erhalten zu haben, während der Rest sich noch mit Schindeln oder Strohdächern begnügte …
In der Auenstr. 2 nahm übrigens eine lokale Automobil-Fa. ihren Anfang; daraus entwickelte sich im Laufe der Jahre jenes Unternehmen, dass die alte Tankstelle an der Hauptstraße betrieb und nun als „Autohaus Liebmann“ bekannt ist …
Auch in der Dammstraße begann der Aufstieg eines Unternehmens: Fa. F. W. Hoffmann und hier befand sich auch das Hotel „Edelweiß“.
Die Gasthäuser „Priebs“ in Nr. 28 oder „Müllersch Gustav“ in Nr. 2 sind ebenfalls Vergangenheit …
Das Eckhaus zur „E.-Thälmann-Str.“ beherbergte in den 60er/70ern die Zoologische Handlung.
Und die Eisenbahnunterführung [s. Brücken] war öfters Unfallzeuge, wenn mal wieder ein zu großer Laster die Brückenhöhe falsch einschätzte. Ich erinnere mich auch am meterhohe Anschwemmungen von Hagelkörnern, die ein Unwetter hier zusammen kommen ließ …
Rechterhand wo sich nun die große Wiese erstreckt, stand die Gießerei der „Textima und natürlich das ganze Werk des weltberühmten Neugersdorfer Textilmaschinenbaus. Von hier aus gingen mechanische Webstühle seit etwa 1880 in alle Welt.
Geblieben von dieser Industriekraft ist eigentlich nur – hier in der „Käthe-Kollwitz-Str.“ – der Metallbau.
Die abzweigende Straße „Am Bahnhof“ würde zum Bahnhof führen, entlang verschwundener, langweiliger Baracken des Güterumschlags. Und auch der Bahnhof selbst ist kein lohnendes Ziel einer Wanderung mehr, denn weder serviert die MITROPA leckere, aber preiswerte Speisen, noch verkaufen die beiden Budel am Durchgang zum Bahnsteig Zeitungen, Kekse oder Limo … alles vorbei.
Wir bleiben auf der „Kollwitz“, passieren das frühere Jugendclubhaus und ein – ja was ? Hier stand doch mal ein Umgebindehaus ! Aber das wurde nach Buckow, ins Brandenburgische, versetzt …
Der Parkplatz am Ende der Straße war früher eine Gärtnerei.
Der Kreisverkehr existiert auch erst seit der Wende. Und wenn wir den überschreiten und der absenkenden „Hauptstraße“ unterhalb der Brückenauffahrt [s. Brücken] folgen, so erreichen wir hier die Spree und sind im Gebiet der Achthäuser.
So zeigen es jedenfalls alte Karten, wenngleich im Laufe der Zeit dieser Begriff wanderte und alte Leute jene Achthäuser an der „Nordstraße“ verorten.
Aber wer weiß denn noch, wo sich die alten Grenzen zwischen Alt-Gersdorf und der Ebersbacher Seite eigentlich befanden … ?
Auf der „Volksbadstraße“ lassen wir unsere Tour ausklingen: wer Hunger hat folgt dieser und kehrt am Volksbad im „Pavillon“ ein, wer nicht, biegt linkerhand Richtung Friedhof ein.
Der 1906/07 angelegte Friedhof ist ein Schmuckstück und da nicht nur wegen des Denkmals eines Leinewebers …
Die nächste Tour startet dann an der Post und wird eine Runde durch die „jüngsten“ Gebiete von Alt-Gersdorf drehen.
ev.-luth. Kirche und Hotel „Stadt Zittau“ – Postkarte 1934
Bedürfnisanstalt, ev.-luth. Kirche und Hotel „Stadt Zittau“ – Postkarte 1904