Steigen wir nun vom Turm herab und folgen ein letztes Stück der Hutung bis zum Abzweig der Ludwig-Richter-Straße (ursprünglich Fürstenstr.). Die dreiaufgängigen langen Häuser stammen aus den 20er Jahren und waren bis 2010 drei Gebäude – vor dem abgerissenen ersten liegt im Straßendreieck ein kleiner Park. Das quadratische Gebäude gegenüber war bis in 60er Jahren ein guter Bäcker.
Entlang der früheren Carolastraße (Karl-Liebknecht-Str.) ziehen sich nun einige noch gut erhaltene Umgebindehäuser. Schließlich sind wir hier am Beginn der Hinterecke und auf dem Berge in recht altem Siedlungsgebiet.
Ein recht imposantes Umgebindehaus steht linkerhand: „Reiche-Bitterch“, Bergstr. 26. Aber dieser der Aussicht wegen begehenswerten Bergstraße sind wir ja bereits in der zweiten Tour gefolgt …
Ein Stück tiefer, im Haus Nr. 57, startete 1866 übrigens Friedr. Wilh. Reichelt seine Produktion, ehe er diese an die Georgswalder Straße verlegte und als „Hosen-Reichelt“ bekannt wurde.
Wir folgen der K.-Liebknecht-Str. bis zur Mündung von Frauenstraße – die im 19. Jh. noch Viehtreibe war – und der ehem. Schulstraße (Pestalozzistr.), vorbei an gepflegten, hübschen Häuseln …
Die Lücken rechterhand deuten an, dass hier alte Häuschen abgerissen wurden und vielen Häusern sieht man die Erneuerungen ja auch an …
1681 wurde das „Schweizerhaus“ erbaut und seit 1887 als Gastwirtschaft betrieben. Es diente um 1945 als Buch- und Kartenlager der Berliner Preußischen Staatsbibliothek, was kaum jemand weiß. Denn viel berühmter ist das „Zwiebelfleisch“ der Gastwirtsfamilie Asmus …
Daneben lag lange Jahre ein verputzter Feuerlöschteich, auf dem heute ein kleiner Friseurladen steht.
Viele der alten Häuschen haben inzwischen eine Verjüngung erfahren – und manchmal ist es auch geglückt, den Charme des Umgebindetypus zu erhalten.
Nicht alle der alten Häuser hatten die Chance zu überleben, zuviel ist aus dem Ortsbild verschwunden wie jenes typische an der Einmündung der Martin-Luther-Str.
Zwei Häuschen weiter, am Abzweig des Kreuzweges, lag eine Fleischerei.
Der Kreuzweg ist einer der ältesten Verkehrswege im Ort und mündete direkt in die Rosenstraße (Str. d. Jugend); noch 1940 führte er durch die Fabrikanlagen der Fa. August Hoffmann …
Das Eckhaus mit den großen Schaufenstern war Modegeschäft, Blumenladen, Haushaltwarengeschäft u. v. m. Immer gepflegt ist der schöne Bau gegenüber (Nr. 25) und dann kommt auch bereits die Möglichkeit für einen Abstecher zur Jahn-Turnhalle.
Folgen wir der alten Carolastr., passieren wir einen uralten Schuster*, der erst im hohen Alter sein Gewerbe beendete.
* Nur Schuster Lowke auf der Straße der Jugend 7 hat ähnlich lange durchgehalten …
Dafür hat der Ort im Haus gegenüber eine neuzeitliche Attraktion: die »Theater-Scheune«.
Das erhöht stehende, markante Gebäude rechts (Nr. 15) hat eine wechselvolle Geschichte: 1892 als Krankenhaus errichtet, 1928 zum Altersheim umgebaut, diente es ab 1988 als „Klubhaus der Volkssolidarität“.
Wenigstens fiel es nicht dem Abbriss zum Opfer, wie so viele Zeugnisse alter Geschichte im Ort. Möge dem „Giambi Pizza“ daher langer Erfolg beschieden sein …
Um Nr. 12 führen Kommunikationsgassen zum Kreuzweg hoch – in einem der Häuser konnte man Fahrräder und Nähmaschinen reparieren lassen, ehe der Handwerker nach Paraguay auswanderte …
Nr. 12 beherbergte bis in die 70er Jahre eine flurierende Drogerie. – Seit geraumer Zeit hat man schon gute Sicht auf unser Ziel, die Evangelische Kirche.
Die Nr. 7 ist das „Schuhhaus Brandt“, wohl das letzte der ureingesessenen, privat betriebenen, guten Fachgeschäfte. Hier ging es immer um Kundenzufriedenheit …
Die Freifläche davor war einer jener Feuerlöschteiche, die der Ort so brauchte.
Wenige Schritte weiter lag noch ein Teich, welcher jedoch die »Obermühle« bediente. Mangels Wasser ging der Mühlbetrieb schon etwa 1750 ein und aus dem Teich wurde eine Wiese.
Die gedrängt stehenden Häuser deuten an, dass man sich in einem sehr alten Ortsteile befindet. Jedoch ist vom Ursprünglichen kaum etwas übrig geblieben. Die einzigen Ausnahmen sind wohl der rekonstruierte »Arkadenhof« (K.-Marx-Pl. 4) und dessen Nebengebäude. Im großen Komplex (K.-Marx-Pl. 3) lag die 1783 errichtete und erst 1918 geschlossene Brauerei.
Wir befinden uns an der Mündung Karl-Marx-Platz / Karl-Liebknecht-Straße auf der alten „Hauptstraße“, die mit einem Schlenker durch die Hohle Gasse die Fuhrleute aus der Teichsenke auf ein kleine Anhöhe brachte, auf welcher die alte Straße zwischen Eibau (bzw. Zittau) und Georgswalde (bzw. Schluckenau) verlauft.
Das Wachstum der Fa. J. G. Klippel hatte zum Abriss und Umbau vieler ursprünglich hier stehender Bauten geführt. Nun ist von diesem bedeutenden Industriezeugnis auch nur ein Bruchstück verblieben …
Überqueren wir die jetzige Hauptstraße und biegen ein in das kleine Gässchen, das »Teichweg« heißt und die frühere Grenze zwischen Alt- und Neu-Gersdorf bildete.
Wir können uns nun entscheiden für einen Abstecher die Steintreppen hinauf zur Evangelischen Kirche, einem Besuch des alten Kirchhofs und einem Abschluss-Essen im jetzigen „Stad'l Neugersdorf“.
Ok, öffnen wir eine der eisernen Pforten und steigen hoch zur Kirche. Von alten Friedhof sind nur wenige Grabsteine erhalten, die die Begrenzung zum Pfarrgarten bilden, und die barocke »Schöbelsche Erbgruft« von 1720. Die wachsende Bevölkerung führte dazu, dass immer mehr Fläche vom Pfarrgarten für den Kirchhof abgeknappst wurde, bis gegenüber der Georgswalderstraße der „neue“ Friedhof angelegt ward …
Von der 1667 erbauten (2.) Kirche ist kein Zeugnis geblieben. Der jetzige Bau geht in seinen Grundzügen auf 1735 zurück, erhielt aber erst 1855 seinen schönen Turm, der auch erst 1872 seine jetzige Form und Höhe bekam.
Man werfe auch einen Blick ins Kircheninnere wenn möglich …
Alternativ folgen wir dem Teichweg bis zur früheren Albert- bzw. C. G. Hoffmannstraße (heute: E.-Thälmann-Str.) und versuchen unser Glück im Hotel „Lampelburg“ …
Die bei Einwohnern und Fremden beliebte „Lampelburg“ mit ihren schönen Bleiglasfenstern und unterhaltsamer Kegelbahn kam 2019 zur Versteigerung. Schade !
So bleibt uns momentan nur ein gesonderter Exkurs zu Neugersdorfs Teichen …
Wo ist denn das Trafohäuschen hin, dass hier am Ende des Teichweges stand ? 1913 wurde es als Trafohaus III des ortseigenen Elektrizitätswerkes errichtet. Es ist verschwunden wie das hohe Gebäude gegenüber, im vormaligen Kaufhaus Fläming, in dem Möbel verkauft wurden und Ebermann Elektrowaren anbot.
Nur noch die Fleischerei Schubert existiert, denn auch im Eckhaus an der Georgswalderstraße (Rudolf-Breitscheid-Str.) ist die Gewerbebank längst ausgezogen.
All diese Häuser stehen aber auf eigentlich »Alt-Gersdorfer« Terrain.
Um die Lampelburg, einen Raubritternest aus dem 12./13. Jh., ranken sich mehr Legenden als belegbare Fakten.
Im gastlichen Hotel „Lampelburg“ fand jene blasse Erinnerung aber dankbaren Hort.
Mehr Fakten sind bekannt von der »Herzog-Mühle« (auch Schloss- oder Niedermühle genannt). Ihr Bau 1658 geht auf Graf von Pötting zurück, dem neben Rumburk auch Ländereien diesseits der Grenze gehörten. Pfarrer Melzer schreibt dazu in seiner Chronik:
Sie war vom Grafen Pötting erbaut und in den Beſitz des Fürſten übergegangen, welcher ſie 1698 an Chriſtoph Herzog für 180 Gulden und 6 Gulden jährliche Mahlſteuer verkaufte. Die neuerbaute Mühle iſt im Beſitze der Herzogſchen Familie bis 1855 verblieben. In dieſem Jahre kaufte ſie C. G. Rudolph für 3450 Taler. 1856 erwarb er auch den großen Teich für 400 Taler. Der Betrieb der Müllerei hatte aufgehört. Später hat die Firma C. G. Hoffmann die Herzogsmühle und den großen Teich erworben, vergrößert und für ihren Fabrikbetrieb verwendet.
Doch auch dieses historisch wertvolle Gebäude – beherbergte es doch von 1754 bis 1811 die Gerichtsstube und besaß von 1707 bis 1855 die Schankgerechtigkeit – dies Gebäude musste abgerissen werden.
Das einzige (restaurierte) Gebäude aus alter Zeit ist das Gründungshaus der Fa. C. G. Hoffmann (bekannt als „Buntspecht“ bzw. „Lautex“). Als Kind lernte ich es mehrmals von innen kennen, denn darin saß der Betriebsarzt des bedeutenden Textilwerkes.
– Aber da sind wir bereits in der Niederecke von Neu-Gersdorf …
über Alt-Gersdorf, Lerchenberge und Kottmar
über Ludwig-Richter-Str. und Forststr. Richtung Wilhelmshöhe, Stumpfeberg und Spitzberg bei Oderwitz
Richtung Lausche und Burgberg bei Varnsdorf
über Sportplatz und Schießstand Richtung Jeschken
über den Stadtwald Richtung Tannenberg und Studanka
über die Försterrei Richtung Wolfsberg und Rumburg
über die Hutung
Richtung Bismarckturm und Eiskeller
über die Schleiferhäuser Richtung Filipov und Ebersbach
Richtung Kirche
Bäckerei am Ende der Karl-Liebknecht-Str. Postkarte von 1969
einst „Reiche-Bitterch“ Aufnahme von 2002
Aufnahme von 2005
Aufnahme von 2005
Karl-Liebknecht-Straße 48 Aufnahme von 2005
Aufnahme 1956 erschienen im Oberlaus. Kunstverlag Chr. Schubert
Aufnahme von 2005
Aufnahme von 2005
ehem. Krankenhaus bzw. Altersheim Aufnahme von 2008
Aufnahme 1960
Karolastr. 7, 9 und 12 Aufnahme 1920
Wiesenstraße / Carolastraße Aufnahme 1902
Blick über die Hauptstr. auf Kirch- und Blattbinderteich Postkarte 1910
Blick vom Teichweg Aufnahme 1995
Blick zur Kirche Postkarte 1936
Blick zum Teichweg Aufnahme 2007
Blick zum Schubert-Fleischer im Hintergrund „Hosen-Reichelt“ Aufnahme 2008
Aufnahme 2008
Gründungsstätte der Textilfirma C. G. Hoffmann (s. „Buntspecht“, „Lautex“) Aufnahme 2014