Die von Georgswalde gen Eibau und weiter nach Zittau führende Straße ist uralt. Doch die von Löbau kommende, recht gerade durch den Ort führende „Hauptstraße“ ist erst im 19. Jh. ins Ortsbild gelangt. 1829 begann der Bau jener „Chaussee“, die Richtung Rumburg führt.
Etwa da, wo sich nahe der alten Post beide Straßen kreuzen und heute ein kleiner Park mit Uhr liegt, stand bis 1957 das „Chausseehäusl“.
Errichtet wurde es, um Gelder für die Benutzung der neuen Staatsstraße einzutreiben, später diente es als Gemeindespedition bis es nach langem Leerstand zum Abriss gelangte.
Auch die Post zog mehrfach im Laufe der Zeiten um: Der Beginn des Postwesens im Ort lag im Gebäude Hauptstr. 30, ehe es den repräsentativen Klinkerbau diagonal gegenüber bekam. Ich lernte noch die dunkle, hölzerne Täfelung der Schalterräume kennen; doch von den mit Sprechloch versehenen Schaltern waren meist nur ein oder zwei besetzt.
Der „wichtigste“ Schalter war damals jedenfalls jener, an dem die Sonderbriefmarken und neue Sätze herausgegeben wurden. Viel, viel Taschengeld wurde dort gelassen und manchmal konnte man gar Ersttagsbriefe erwerben …
Vor den Treppen des Baues stand eine öffentliche Telefonzelle, ersatzweise konnte man auch drinnen eine solche nutzen. Irgendwann verschwand sie; stattdessen wurde ein Briefkasten aufgestellt …
Der villenartige Sandsteinbau daneben in der Zittauer Str. 4 war viele Jahre unsere Sparkasse.
Die Neugersdorfer Sparkasse wurde 1874 gegründet und zog vielfach um. 1943 z. B. logierte sie im „Winklerschen Geschäftshaus (Hauptstr. 34a), 1953 in der Straße der Jugend 2. Auf die Zittauer Straße kam die Sparkasse 1953, nachdem die „Sächsische Landesbank“ das Gebäude verlassen hatte. Erst 2002 erfolgte der Neubau am Standort des einstigen Kinos.
Das schmale Gassel, welches sich gleich dahinter in einen alten Hohlweg absenkt, war bis zum Bau der Chaussee ein wichtiger – und für Fuhrleute gleich beschwerlicher – Abstieg hinab nach Neu-Gersdorf (bewegen wir uns doch bei dieser Route stets auf Alt-Gersdorfer Terrain [und in Hetzwalde]).
Daneben erstrecken sich Werksanlagen – lange Jahre ein Möbelwerk und gegenüber eine Reihe kleiner Geschäfte: „Pelze-Behr“, „Foto-Peschel“, ein Scherenschleifer, ein Computerladen …oder auch schon nicht mehr.
An der Einmündung der „Lessingstraße“ eröffnete in den 70er/80er Jahren Köhler Klaus eine „Broiler-Bar“, nachdem er mehrere Jahre die Wohngebietsgaststätte in der Hauptwache am Jacobimarkt bewirtschaftet hatte. Neben Grillgeflügel gab es hier auch leckere Hausmannskost …
Wagt man einen kleinen Abstecher in die Lessingstr., so kommt man nach wenigen Metern an ein Kuriosum: im Hof einer kleinen Textilfabrik stehen 3 Flugzeuge …
Weiter stieße man auf das renommierte Radiofachgeschäft „Mondini“ und gelangte schließlich zum Schlachthof am Volksbad.
Der nach der Wende eröffnete Western-Laden an der Mündung der „Polenzstraße“ ist genauso verschwunden wie der kleine Lebensmittelladen an der Abzweigung der „Humboldtstraße“. Auch die tradionsbehaftete Bäckerei gegenüber ist Geschichte.
Wenn wir weiter der „Zittauer“ folgen passieren wir eine seltsam frei stehendes Haus, das vordem Tanzsaal der berühmten „Feldschenke“ war, die wie so viele historisch bedeutsame Objekte des Ortes abgerissen wurden.
Die Zittauer Straße führt durch ein recht spät besiedeltes Gebiet, wie die Hausarchitektur hier am Kuhzahl belegt. Selbst Genossenschaftsbauten entstanden hier und am Ende des Ortes gab es um 1820 eine Ziegelei an der Flurgrenze zu Eibau. Auf fast seit 100 Jahren unverändertem Verlauf führt die Zittauer Straße nach Eibau. Würde man der Straße weiter folgen, kämen wir ins nachwendige Gewerbegebiet „Kamerun“ oder – einem sehr alten Wege folgend – über die „Schamotte“ nach Eibau.
Wir biegen aber an der „Ziegelstraße“ ab; hier lag früher die Flurgrenze des Ortes, durch das Gewerbegebiet kam etwas Eibauer Flur zu Neugersdorf – sowas hatte es Anfang des 20. Jh. ja schon mal bei Anlageung des neuen Friedhof gegeben …
So erreichen wir Hetzwalde. Eines der ersten Häuser, auf die man nun stößt, beherbergte jahrzehntelang das Ziel fast aller Neugersdorfer Kleingärtner: die Hetzwalder Mosterei von „Hetze-Geißler“.
Der moderne Ableger hiervon befindet sich seit 2002 im Gewerbegebiet Kamerun: „Linke Fruchtsäfte“ – absolut empfehlenswert ! Auch ein Besuch des kleinen geologischen Pfades auf der Wiese davor lohnt sich.
Von weitem bereits ist die „Hetzemühle“ erkennbar. Leider ist die Ende des 18. Jh. errichtete fünfflüglige Bockwindmühle heute ohne Flügel. Ende des II. WK wurde sie durch Bombenabwurf beschädigt …
Durchquert man das Dörfchen, fallen die unterschiedlichen Haustypen auf: im Inneren der ringförmig angeordneten Siedlung liegen modernere Bauten, während die traditionellen Umgebindehäuser sich außen anordnen. Hübsch abzusehen …
Vorbei am „Hetzeteich“ [s. Teiche], einem bei Anglern beliebten Gewässer, kehren wir über die Leutersdorfer Straße zurück zum Ort. Als Kinder konnte man sich da noch ein paar Groschen verdienen, wenn man den Anglern frische Regenwürmer oder Stücke der dort damals lebenden Teichmuscheln brachte …
Die kleine Anhöhe mit den Neubauten rechterhand ist eine frühere Müllkippe. Auch der Bach, hier noch „Schnauder“ genannt, scheint verschwunden und tritt erst 1 km weiter nördlich wieder als „Leutersdorfer Bach“ in Erscheinung …
Auf den Wiesen vor den ersten Bauten links standen bis kurz nach 1945 Baracken, in denen Kriegsgefangene interniert waren. Diese Baracken wurden in den 50ern als Internat und Schulspeisungsgebäude umgesetzt an die Kurze Straße hinter die Pestalozzi-Schule. (Der Kaninchenzüchterverein wird sich erinnern …)
Wir kommen nun ins Siedlungsgebiet am Beerberg. Wie die Umgebindebauten hier bezeugen, geschah die Besiedlung ab 1838. Nach Rodung des Waldes, der sich damals bis hoch zum Dreiecker erstreckte, wurde für Alt-Gersdorf reichlich Hutungs-, Acker- und Siedlungsland gewonnen.
Von der 1846 auf dem Beerberge errichteten Windmühle ist keine Spur geblieben, auch die beiden Steinbrüche sind „verbaut“. Dafür ist von der 1928 geschaffenen Jugendherberge auf dem Gipfel wenigstens der Name geblieben: Pension und Gaststätte „Zur Alten Jugendherberge“ laden zu einem Besuch ein und die Küche ist wirklich empfehlenswert !
Der „Am Beerberg“-Straße folgend gelangen wir zum berühmten „Beerberg-KONSUM“, in den 50er Jahren ein „Geheimtipp“, wenn man 'was Besonderes wollte.
Nach Querung der Zittauer Straße passieren wir die kleine Parkanlage, inzwischen ohne Teich, und folgen der Humboldtstraße. Noch gibt es die Bäckerei „Dornfeld“, aber das nette Hutgeschäft nahe der Spreequellstraße ist wohl weg …
Diese Straße brächte uns zum Kaufhaus „Spreequelle“, wir aber gehen weiter geradeaus und gelangen zu dieser. D. h. eigentlich befindet sich diese wasserreichste Quelle der Spree erst seit 1926 vor den Toren des Volksbades. Zuvor lag sie auf einer nassen Wiese gut 150 m weiter südlich auf der Pfarrwiedemuth; sie wurde 1888 mit einem gusseisernen Gatter gefasst – heute stehen da Wohnblöcke.
Wir beenden unsere Tour entweder mit einem erfrischenden Bade im „Idsch“, wie es früher hieß [im Kontrast zur „Sülze“ (Silberteich Seifhennersdorf)] – oder einem kühlen Biere im „Pavillon an der Spreequelle“.
Das 192x errichtete Gebäude hat in den 60er/70er Jahren ziemlich leiden müssen, denn sein damaliger Wirt war auf die „pfiffige Idee“ gekommen, Wasser in den unteren Keller zu lassen und mit Speiseabfällen jene Karpfen zu füttern, die dann droben in der Küche servierfertig zubereitet wurden. – Erst als der Schimmel die Wände im obersten Stockwerk sichtbar war, wurde dem Treiben ein Ende gesetzt – und leider blieb das Gasthaus lange ungenutzt. Möge daher den jetzigen Betreibern langer Erfolg beschieden bleiben …
Und wer Lust hat, kann ja noch eine Runde Tennis spielen auf den Plätzen nebenan.
Die letzte Runde drehen wir dann in unserem Stadtwald. Treffen wir uns dazu im Süden, nahe bei Neuwalde …
Der um 1790 entstandene Flecken gehörte einst zum Rittergut Oberleutersdorf II.
Hetzwalde um 1805 - links: Beerberg; rechts: Mühlenberg
Aber die Bewohner des Dörfchens fühlten sich immer schon mehr „Girschdurf“ als „Leckerschdurf“ zugehörig – waren Kirche und Schule doch einfacher bei uns erreichbar als beschwerlich durch Wald und über'n Berg …
Der Kuhzahl erstreckte sich 1857 von der heutigen Neueibauer Str. 6 bis zur Lessingstr. 21 und „bis an die obere Ebersbacher Seite“ (seit 1875 eingemeindet)
Den sonderbaren Namen hat der Ortsteil von einer alten Bezeichnung des Kuhschwanzes. Einen solchen hatten wilde Burschen in früheren Zeiten einer Hofekuh aus Ebersbach beim Versuch, diese aus der sumpfigen Wiese zu befreien, ausgerissen hatten.