Auszüge aus der Fritsche-Chronik 1857

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Vierter Theil.

Allgemeines, auf die geſammte Paroie ſi Beziehendes,

d. i. beſondere Siſale und Ereigniſſe der drei Orte und ihrer Bewohner.


A. Kriegesnoth.

Wele Kriege vor der Huſſitenzerſtörung unſern Ort vorzügli berührt haben mögen, iſt allerdings nit zu ermitteln. Daß jedo die Zeit des Fauſtrets, die Befehdungen der Raubritter oder der Städte, und die Raubritterräubereien ſelbſt es gewiß ſehr betroffen haben mögen, kann ſi jeder Geſitskenner leit denken, da es ja in der Nähe ſo vieler alter Raubſlöſſer (Tollenſtein, Oybin, Rohnau c.) lag, und daß Sloß Lampelburg ja ſogar ſelbſt eine Commandite von Tollenſtein war.

Daß unſere Gegend aber bei dem Huſſitenkriege ſo unendli viel gelitten, Gersdorf ganz und andre Orte zum großen Theil zerſtört worden ſind, dies iſt allbekannt.

Der 30jährige Krieg konnte Gersdorf nit berühren, weil damals kein Ort hier ſtand, der erſt 9 Jahre na dem weſtphäliſen Friedensſluſſe wieder angebaut wurde. *)

Es iſt alſo zunäſt der dritte ſleſiſe oder 7jährige Krieg von 1756 bis 1763, weler die jeigen Orte betraf, da wir au darüber keine Nariten haben, ob Gersdorf von dem Swedenkriege, den unſer Kurfürſt Friedri Auguſt I. als König von Polen mit Karl XII. von 1697 bis 1706 führte, und von dem zweiten ſleſiſen Kriege, vom Jahre 1744 an, betroffen worden iſt. Deſto mehr aber lernte es den 7jährigen Krieg kennen. Son am 21. October 1756 kamen die erſten Preußen Abends 9 Uhr hierher. Es war ein Leutnant mit 45 Mann, die Gersdorf für ein böhmiſes Dorf hielten, wie no heute viele Fremde von Neu-Gersdorf glauben. Dies koſtete die Gemeinde ohne die Naturalien an Geld 40 Thlr. Als ſie hörten, daß Gersdorf ſäſiſ ſei, zogen ſie wieder ab. Den 23. deſſelben Monats jedo, Nats 12 Uhr, kam ſon wieder ein Corps preußiſer Huſaren als Vortrapp einer ganzen Armee hierher, wele den 24. October dur Gersdorf na Georgswalde zog. Die geſitlie Notiz darüber na Bürholdt's Chronik lautet weiter: „Den 24. October ging ein ganzer Marſ von viel 1000 Mann hier dur, wele in Georgswalde viel erpreßt, au bei uns dergleien thaten. Do als es gemeldet wurde, mußten ſie aufhören. Den Morgen darauf wurde ein no viel ſrelierer Zuſtand; denn es waren gegen Tagesanbru die öſterrreiiſen Panduren in's Dorf gefallen und hatten ſi Beute maen wollen, unter dem Vorwande, als ob ſie Preußen aufſuten. Als ſie aber in den Alt-Gersdorfer Kretſam kamen, da ward Lärmen. Sie hatten wollen rauben. Die Wirthin ſreit Feuer, herna Mörder der Huſaren, und war ein entſeli Geheule. Karl Söbel, der Riter, ihr Bruder, kommt mit geladenem Gewehr, nebſt etlien Leuten. Er gab Feuer, die Panduren ziehen ab, aus Furt, es möten Preußen verſtet ſein; als ſie aber ſehen, daß es nur Dorfleute ſeien, ſo ſeten ſi die Panduren; es wurde Sturm geſlagen, und die Leute verliefen ſi in der Angſt, wo ſie nur hin konnten, die Seswönerinnen mit ihren Kindern faſt nat auf Ebersba und Eybau. Es war ein traurig Spectacul; viel 100 Süſſe wurden gethan. Die Gemeinden von Ebersba, Walddorf, Eybau, Leutersdorf kamen zu Hülfe. Wenn die Panduren nit gewien wären, würde groß Unglü geſehen ſein u. ſ. w.

Den 7. November kamen die Oeſtreier wieder, aber der Ort blieb verſont.

Den 20. December waren Sarmüel bei Herwigsdorf.

Den 26. December trafen die Oeſtreier und Preußen in Gersdorf wieder zuſammen; aber es ging gut ab.

Den 29. December rüten die Preußen in Kottmarsdorf ein und blieben da ſtehen.

Den 6. Januar 1757 ließ ſi eine Compagnie Panduren in Philippsdorf ſehen, nebſt 50 Mann Huſaren; ſie gingen na Spreedorf und plünderten einige Häuſer.

Den 12. Januar war ein Treffen auf der Haine; es hat aber dem Orte nits geſadet.

Den 20. Februar früh 5 Uhr überfielen die Oeſtreier die Preußen in Herwigsdorf und maten 50 Mann und den Leutnant Grafen von Swerin, Neffen des Feldmarſalls, gefangen, den die Panduren, ſeiner Bleſſuren ungeatet, ſreli gemißhandelt, ihm die Beine zertreten und zerbroen und Alles geraubt c. Man brate dieſelben an unſrer Grenze hin na Rumburg.

Den 22. Februar mußten die zwei Faktoren Bitterli und Chriſtian Got ihre Waare mit 12 Gulden löſen, die die Oeſtreier ihnen auf der Alt-Gersdorfer Hutung abnahmen; au wurde der Viceriter Adam Flammiger von NG. von den preußiſen Huſaren abgeholt und na Ruppersdorf gebrat. Er mußte 120 Thlr. wegen zweier Deſerteure erlegen, die die Wae in Gersdorf durgelaſſen hatte, und beſonders deshalb, weil er einen preußiſen Deſerteur nit gemeldet, der ſi hier in NG. (Nr. 272) angekauft hatte.

Den 5. März kam ein Corps kaiſerlier Huſaren, 356 Mann, von Georgswalde herauf dur Keils Slag (das iſt bei Traugott Hauptmanns Hauſe, wo ſonſt ein Straßenſlag geweſen). Sie gingen rets um na Ebersba und kehrten nit ein. In Kottmarsdorf ſtand der preußiſe Stab.

Den 10. März ritten wieder 70 Mann kaiſerlie Huſaren dur den Mühlhof na Ebersba c., die Preußen aufzuheben. Dieſe aber drängten ſie zurü, und da braten die Oeſtreier viel Bleſſierte dur das Dorf zurü.

Den 14. März iſt Zaarias Herbri bei einem Geſäftsgange na Hennersdorf gefahren. Die Panduren aber kriegten ihn; er wurde na Rumburg geſafft und bekam 12 Hiebe auf das Hintertheil.

Den 30. April wurden Rumburg und Sluenau von den Preußen arg contribuiert.

Bei der Retirade von Kollin und Prag hatten ſi in Sönborn im Hofe und den 36 Häuſern 56 Mann Panduren verſtet und auf die Preußen geſoſſen. Da wurde der Ort in Brand geſtet und alle Panduren mußten verbrennen. Die Einwohner aber hatte man herausgelaſſen.

Den 19. Juli Belagerung Zittau's; 23. Juli Einäſerung und Einnahme Zittau's dur die Oeſtreier.

Am 29. und 30. Auguſt großes Lager von 20,000 Mann Oeſtreier und Saſen auf Rumburger und Hennersdorfer Gefilde. Das Piquet ſtand auf dem Berge bei der Watſenke und dabei vier Regimenter Cavallerie.

Den 14. October früh Ueberfall bei Hokir. Brandſaung Bauens mit 80,000 Thlrn. dur die Preußen. Alle Tage kamen bleſſierte Kaiſerlie dur Gersdorf.

1759 den 12. Juli fiel ein Swarm preußiſer Huſaren von den ſogenannten Todten in Rumburg und Umgebung ein, contribuierten ſtark und nahmen den Bürgermeiſter und den Burggrafen als Geißel mit.

Den 29. März 1760 wurde der Riter Karl Söbel von einem ſäſiſen Soldaten dur den Hals und Baen geſoſſen, aber wieder geheilt.

Den 6. Mai rüte ein Corps Oeſtreier, Infanterie, ein und blieben 16 Tage ſtehen; es waren Ungarn, und der Oberſte wohnte im Zittauer Kretſam.

Den 27. und 28. October hat eine Compagnie Jäger hier geſtanden und haben bei Mühl - Hans - Chriſteln ſrelie Dinge getrieben, daß Frau und Toter darüber ſtarben.

1762 den 25. und 26. Mai war ein großer Marſ von Oeſtreiiſen Völkern aus Sleſien dur Gersdorf gekommen na Dresden hin, bei großer Kälte.

Den 7. Auguſt 1762 iſt der Landesälteſte v. Hundt auf Kittli wegen Sierheit vor den Preußen in's Ebersbaer Slößen geflütet; er führte ein epicuräiſes Leben. Davon iſt die falſe Meinung entſtanden, Ebersba habe einen gewiſſen Hrn. v. Hund gehört.

Den 21. März 1763, als Montags na Judica, wurde das Friedensfeſt mit großen Feierlikeiten begangen, 2 Tage lang.“

(Wörtlie Auszüge.)

Der bayriſe Erbfolgekrieg 1778 bis 1779 ſeint bis an unſre Dorfgrenze nit gedrungen zu ſein. Man weiß nur, daß einige Piquets von Rumburg aus bis an die Hutungshäuſer in NG. herangekommen ſind.

In dem großen franzöſiſen Kriege war der Fürſt von Swarzenberg oder der Herzog von Braunſweig der erſte, weler mit ſeinem Corps am 6. Mai 1809 an Gersdorf na Zittau vorüberging und Patrouillen hierher ſite.

Zum Sießen dieſes Jahres war die Grenze mit kaiſerlien Panduren beſet.

Den 5. November 1809 war das erſte Friedensfeſt, ohne daß Gersdorf, außer vielen Steuern, etwas Weiteres dur dieſen Krieg gelitten hätte.

1813 den 19. März war die Sprengung der Dresdner Brüe dur Davouſt.

Den 1. April kamen Franzoſen und am 4. April Ruſſen dur.

Den 12. Mai kam ein Befehl na Gersdorf, daß 200 Mann na Bauen kommen und ſanzen helfen ſollten. Denſelben Abend brannte Biſofswerda nieder.

Den 20. und 21. Mai war die Slat bei Bauen.

Vom 4. Juni bis 20. Juli Waffenſtillſtand; prolongiert bis 16. Aug.

Trodem kam ein Befehl Napoleons den 18. Juni früh, die Ruſſen und Preußen anzugreifen. (Slat bis 22. Juni und Feuer Tag und Nat.)

Den 24. Juni bekam AG. und NG. die erſte Einquartierung, 70 Mann Polaken und 89 Pferde.

Am 17. Juni kam Fürſt Poniatowsky na AG. und muſterte auf der Hutung 6000 Mann.

Den 18. Auguſt kam früh von 6―10 Uhr die franzöſiſe Armee dur Gersdorf und blieb bei Rumburg bis Neuſtadt, 40,000 Mann ſtark, ſtehen.

Den 19. Auguſt kamen 400 Mann Cavallerie, die ſi bei der Watſenke lagerten und 7 Tage hier blieben.

Den 4. September kamen Ruſſen na AG. Vormittags 10 Uhr, allein ein Regiment Polen trieb ſie zurü. Von der alten Hutung bis auf die Eybauer Felder hin zog ſi das Gefet. Die Gebliebenen liegen auf dem Felde eines Bauerngutes in Eybau, wo heute no ein Denkſtein am Lerenberge ſteht.

Den 9. Sept. kamen die erſten Preußen hierher und blieben ſtehen.

Sonntag, den 12. September, ging die ganze Preußiſe Armee dur; dies dauerte den ganzen Tag, ſo daß der Gottesdienſt ausgeſet werden mußte. Kein Menſ konnte über die Straße, und den ganzen Tag Niemand von der Vorderee in die Hinteree.

Von nun an hatte Gersdorf alle Tage Einquartierung, und den 19. September kamen ſogar Baſkiren her.

1814 den 18. October wurde auf hohe Verordnung wegen der Gebliebenen ein Trauerfeſt abgehalten, dann aber den 19. ein Siegesfeſt. …

In Georgiswalde ſoß den 14. ein Burſe zu einem Fenſter heraus, wodur das Feſt zu einem Trauerfeſt wurde, da das Haus dadur abbrannte.

Die Koſtenbeträge zuſammenzuſtellen, wele dieſe Kriege den Gemeinden verurſat, iſt uns zu weitführend. I bemerke demna nur no, daß AG. im J. 1846 no 1200 Thlr. Kriegsentſädigungskoſten aus Staatsmitteln zurü erhielt, weil es dur Contributionen verhältnißmäßig zu hart und ſwer mitgenommen worden war.

*) Hierbei bemerken wir gelegentli, daß ſon 1663 den 12. September der Rath der Stadt Zittau die hieſigen jungen Mannſaften muſtern und mit Gewehren verſehen ließ, um ſie dem Kurfürſten Georg II. als Soldaten gegen die Türken zu ſenden. Zu dieſer Zeit wurden alle Tage Gebete in der Kire gehalten.