III. Wiederaufbau, Vergrößerung, Ortstheile und Größe des Ortes …
Nadem nun … Gersdorf an die 230 Jahre wüſte gelegen hatte, ſo daß wohl nits als die zwei ehrwürdigen Buen bei dem Hauſe des Herrn Adv. Miaelis, … übrig geblieben ſind, die wohl an die 600 Jahre alt ſein können, wurde im Jahre 1657, alſo ein Jahr ſpäter als in Neu-Gersdorf, wieder einen Anfang mit ſeiner Wiederaufbauung gemat und vom Jahre 1662 an, … überließ au der Rath der Stadt Zittau … auf ſeinem Gebiete … mehrere Bauſtellen an Böhmiſe und Mähriſe Exulanten, d. h. Auswanderer, deren Namen no heute die der ausgebreitetſten Familien allhier ſind. Die Herzoge z. B. ſtammen aus Georgenthal, die Dießner aus der Haſel, die Riezel aus Georgswalde und au aus Oeſtrei, die Gote aus Baiern, die Berndte aus Oberhennersdorf, die Wünſe aus Baiern, die Klippel aus Sönlinde, die Reielte aus Mähren u. ſ. w. Die erſten Stellen, wo man ſi niederließ, waren natürli die an Brunnen und an Wäſſern, mithin in Alt-Gersdorf unten an der linken Spreeſeite, und das Haus Nr. 1, weles bei der zweiten Ortsbenummerung 106, aber bei der dritten gebührendermaßen wieder 1 erhielt und jet Hrn. Fabrikant Berndt gehört, war unſtreitig das erſte Haus in Alt-Gersdorf, das längere Zeit nur aus 8 Häuſern beſtand, woher au der Name die Athäuſer
rührt. Von da an baute man an der Spree hin bis zu dem Hauſe Chr. Friedr. Hofmanns Nr. 15. Alsdann mate man theilweiſe die Aue ur- und bebaubar, ging bis an die Neu-Gersdorfer Herzogmühle herum und baute die Straße herauf bis zur Kire, von wo an man fortging bis zu den Müller'ſen Häuſern Nr. 110, 11 und 12, d. h. bis an den Wald der langen Wieſe.
Anmerk. Bis zum Jahre 1747 ſtand nördli von der Straße blos Dreßlers Haus allein da.
Na dieſen entſtanden die Häuſer an der Neu-Gersdorfer langen Wieſe von Senke's Haus Nr. 116 hinauf bis zu Lue's Haus Nr. 137, ſonſt Nr. 2. Chr. Friedr. Herzog's Haus Nr. 126/4 war das erſte, Grohmann's Nr. 119/6 das zweite und Lue's Haus Nr. 137 das dritte. Dann wurden die Häuſer an der Viehtreibe des Mundgutes gebaut. Alsdann entſtanden vom Jahre 1837 an, na Abtreibung des Beerberges und des Kuhzahls, die dort ſtehenden Häuſer und endli na der Parcellirung der obern Waldhutung im Jahre 1842 die Häuſer am Dreieer, ſerzhaft Klingenthal genannt, weil bei Hebung des erſten Hauſes Nr. 142/139 Geſang und Klang dur das ganze Dorf erſoll. Der Erbauer deſſelben war Ch. Fr. Hille; jet beſit es Auguſt Vogt. Des erſte Haus am Beerberge war Fr. Aug. Raphelt's Nr. 150, es wurde 1843 erbaut, und unſer neueſtes Haus iſt das im Jahre 1855 erbaute, Hrn. Fabrikant Gottlieb Benj. Got gehörige Nebenhaus Nr. 77 b, als Neubau.
Unſer Ort hat jet die dritte bekannte Benummerung. Die erſte geſah im Jahre 1800, die zweite im Jahre 1824, wobei die Pfarre A, die Sule B, der Kretſam 1 und Lue's Haus (Nr. 137) Nr. 2 bekam. Die Ordnung ging dann die lange Wieſe herunter, auf dem Kretſam zu, die Aue herum, auf die Athäuſer und die Ebersbaer Seite zu bis zu Berndt's Hauſe Nr. 106. Die über 106 gehenden Nummern aber gingen dann na den Neubauen dureinander. Die erſte Benummerung geſah blos in den Ortsverzeiniſſen. Die neueſte, dritte Benummerung geſah 1849 und dieſe begann wieder mit Nr. 1, wie 1800, bei Berndt und ging gerade den entgegengeſeten Weg bis zum Dreieer und über den Beerberg zurü auf den Kuhzahl zu, ſo daß das Röthig'ſe Haus Nr. 194 die lete Nummer erhielt.
Alt-Gersdorf aber hat jet mit den ſes öffentlien Gebäuden 176 bewohnte Häuſer, von denen zwei zuſammengebaut ſind, aber vier Nummern haben. Darunter ſind 86 Ganzhaus-, 81 Halbhaus- und vier halbe Hausgrundſtüe; im Ganzen aber ſind 194 und 7 eingeſaltete Cataſternummern, alſo 201 Grundſtüe allhier, worunter ſi die Kire, Pfarre, 2 Sulen, Chauſſee-Gelder-Einnahme-, Gemeinde- und Sprienhaus und 24 Bauſtellen befinden. Alle dieſe Grundſtüe zerfallen in neun Ortstheile … :
1) Die Athäuſer, wele bei Nr. 1 anfangen, mit Fiedler's Haus Nr. 9 aufhören …
2) Die bis jet unbenannt gebliebenen Häuſer von Pietſmann Nr. 10 an bis zu dem Hauſe des Blattbinders Klippel Nr. 21, wele von nun an die Spreehäuſergenannt werden ſollen, und die Gaſſe, worin die Häuſer von 16 bis 20 ſtehen, würde man daher nit mit Unret die Spreegaſſe nennen.
3) Die Aue , wele bei C. A. Rudolph's Halbhauſe Nr. 22 anfängt und bis zu dem Halbhauſe Hrn. Kramer Glathe's Nr. 61 reit.
4) Das Mitteldorfvon Hrn. Adv. Michaels Hauſe Nr. 62 an incl. der Lampelhäuſer, (das ſind dieHäuſer, wo erweisbar die Lampelburg geſtanden hat,) bis Nr. 115 zu dem Hauſe C. Gottfried Suſters. Hierzu gehören au die drei Hutungshäuſer.
5) Die lange Wieſe*) von 116 bis 137, beſtehend aus den Häuſern, wie au Ganzhäuslerbauſtellen, wele ſi an der Neu-Gersdorfer langen Wieſe auf dem Waldſtreifen erbaut haben, den der Rath zu Zittau im Jahre 1785 bis an den Dreieer hin von ſeinem hohen Swarzholz befreien ließ, um Bauſtellen mit 1 Sfl. Land daraus zu maen … und at Bauſtellen und Feldſtüe aus dieſer Hutung gemat wurden.
6) Die Oberen Waldhutungshäuſer oder der Dreieer genannt, weil dort, wie drei Grenzſteine anzeigen, die drei Grenzen von Alt-Gersdorf, Neu-Gersdorf und Leutersdorf in Eine Spie zuſammenlaufen, von Nr. 138 bis 145, die ſieben Häuſer und eine Bauſtelle … enthalten und 1842 entſtanden …
7) Die Beerberghäuſer von Ch. Gottlieb Got's Hauſe Nr. 146 unter der Kranipfüe an bis zur Grohmann'ſen Bauſtelle Nr. 159 an der Treibe. Dieſe Häuſer und Bauſtellen, wozu au die Beerbergwindmühle gehört, entſtanden … als im Jahre 1837 das ganze zwiſen Alt-Gersdorf, Neu-Gersdorf, Leutersdorf, Eybau und Ebersbaer Seite ſtehende, Zittau gehörige Laubholz abgetrieben, parcellirt, zu Bauſtellen und urbar gemat wurde.
8) Die Viehtreibehäuſer von Nr. 160 an bis 170, zu des Chauſſeewärters Pfeiffers Hauſe, wele man in den Jahren 1820 bis 1829 theils auf Laßäer, theils auf Auefleen erbaute, und endli
9) der Kuhzahl von Joſ. Gattermann's Bauſtelle Nr. 171 an bis Nr. 194 an die obere Ebersbaer Seite.
Dieſen ſonderbaren Namen hat dieſe Stelle von einem Kuhſwanz, in communer Sprae Kuhzahl, deshalb, weil ein paar wilde Burſen in den daſigen früheren Sträuern einer Hofekuh von Ebersba den Swanz ausgeriſſen hatten, den man au namals wieder gefunden hat. …
Unter dieſen Grundſtüen Alt-Gersdorfs befinden ſi anjeo no 24 Bauſtellen, nämli 6 alte Ganzhausbauſtellen auf der langen Wieſe, 17 Halbhausbauſtellen am Beerberge und Kuhzahl und 1 neben dem Hoffmann'ſen Hauſe Nr. 51/60.
In den ſämtlien Häuſern Alt-Gersdorfs wohnten na der Volkszählung vom 3. December 1855: 1510 Menſen, und zwar 754 männlien und 756 weiblien Geſlets. Familien gab es 1856 in Allem 365.
Bei der erſten von mir geleiteten Zählung Anno 1830 hatte Alt-Gersdorf in 124 Häuſern 886 Bewohner; dies ergiebt eine Vermehrung von 624 Seelen in nur 25 Jahren.
Wele Namen vorzügli die früheren Bewohner des zerſtörten Ortes geführt, iſt ganz unbekannt; dagegen haben ſi die meiſten Namen von den Erbauern unſrer jeigen 3 Orte faſt alle no bis auf dieſen Tag bei uns erhalten: dergleien Namen ſind Söbel, Bundesmann, Zentſ, Berndt, Smidt, Röthig, Got, Fiedler, Häntſ, Mai, Herzog, Wünſe, Müller, Klippel, Dreßler u. ſ. w., und nur wenige, wie z. B. Weder, Pohliſ, Wunderli, Opi, Sröer, Selle, Römer, Süßmil, Nagel, Gumpe, Kriner u. ſ. w. ſind bei uns ausgeſtorben.
Der erſte Kauf in unſeren Söppenbüern … iſt vom 7. Auguſt 1708 und betrifft das Zentſ'ſe Haus Nr. 2, das damals einem gewiſſen Häntſ gehörte, der es an Chriſtian Dreßlern um 200 Thlr. verkaufte, da es erſt 40 Jahre alt war. Es brannte ſpäter ab.
Zu den älteſten Häuſern aber gehören die des Hrn. Hofmann, Nr. 52/59 und 51/60, Johann Gottfried Mattheß's, Nr. 81/33, der Frau Rudolph, geb. Pohliſ, Nr. 82/32 ꝛc.
Von Diesners, jet Röthigs Haus, Nr. 8/99, iſt no ein Quittungsbu vom Jahre 1695 vorhanden und fortgeführt bis heute.
Der geſammte Fläenraum unſers lieben Alt-Gersdorfs iſt … na der General-Landesvermeſſung in den Jahren 1839/1840 300 Aer und 91 □ Ruthen, wele aus 419 Flurbunummern beſtehen und wovon 104 Aer 100 □ Ruthen auf herrſaftlie Parcellen und Laßäer, 15 Aer 91 □ Ruthen auf das Pfarr- und 3 Aer 56 □ Ruthen auf das Sullehn, 103 □ Ruthen auf die neue Sule, 58 □ Ruthen auf das Chauſſeegeld-Einnahmehaus, 21 Aer □ 95 Ruthen auf das Kretſamgrundſtü, 23 Aer □ 80 Ruthen auf die frühere Gemeindehutung, und auf die andern Gemeindegründe und auf die Privatgebäude in Allem zuſammen 132 Aer 108 □ Ruthen kommen.
Alle dieſe Grundſtüe ſammt den von ihnen getragenen Gebäuden ſind jet mit 7191 Grundſteuer-Einheiten behaftet, von denen 690 auf die herrſaftli en Pertinenzien oder Ruſticalſtüe, 220,₇₇ auf die Pfarre, 111 auf die beiden S ulen und 139 auf den Kretſam kommen. 11 Aer Staats- und Kir eneigenthum ſind unbeſteuert.
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[Es folgen unfangreiche Angaben zu Steuern und deren Berechnung]
Hofdienſte finden nur bei Orts-Bauten und Reparaturen an Kire, Pfarre, Sule u. ſ. w. ſtatt. Alle herrſaftlien Dienſte ſind glei anfangs, 1662, in Geldgefälle verwandelt worden und das Lehnsgeld bei Käufen, oder ſogenannter Abzug, weler 3 Thlr. von jedem Hundert betrug, wurde von 1849 an bis 1856 abgelöſt. Ebenſo wird au der Ablöſung der herrſaftlien Abgaben in näſter Zeit entgegengeſehen. Das gegenwärtige, dur mehrere bedeutende Straßenbauten entſtandene Suldcapital der hieſigen Commun beträgt bei 4 % Verzinſung no 2200 Thlr., ohne den Antheil an der Thurmbauſuld, der ſi auf ca. 2820 Thlr. antheilsweiſe für Alt-Gersdorf und Ebersbaer Seite beläuft. Darunter iſt aber das von der Gemeindekaſſe erborgte Vermögen der Sul- und Armenkaſſe.
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