Ich gehöre einer Generation an, die sich bereits mit dem traditionellen Handy schwer tat. Telefone waren fĂŒr mich immer nur zweckgebunden: fĂŒr Notrufe, kurzen Eltern- und Freundeskontakt, Terminabsprachen ⊠â nicht fĂŒr endloses Palaver.
Als freischaffender Dozent war ich dann gezwungen mobil erreichbar zu sein â Fluch und Segen nach meiner Meinung. Jahrelang war ein Nokia 3210 ein simpler, zuverlĂ€ssiger Begleiter, spĂ€ter ein Klapphandy von Doro. Was brauchte es denn mehr, als damit anrufen zu können, 'ne SMS zu schreiben und einen Termin im Kalender zu hinterlegen.
Gut, jetzt lieĂ sich damit auch fotografieren. Aber bitte, mit welcher Auflösungâ? Minibilder, die nur bei voller Sonne akzeptierbar waren. OK, dann gab es noch ein integriertes Telefonbuch. Aber sowas fĂŒhrte zur »digitalen Demenz«. Frage: Wer kennt heute noch mehr als 10 Telefonnummern auswendigâ? 5â? 3â? Wenigstens die eigeneâ?
Aber die Welt Ă€ndert sich und traditionelle Mobiltelefone sterben langsam aus. Vielleicht gibt es aber brauchbare Taschencomputer, sprich »SmartPhones«â?
Smartphone-Suche
Was soll das neue GerĂ€t leistenâ?
androidartiges und aktuelles Betriebssystem (kein iOS, kein Windows, auch kein Fire OS)
Telefon- und SMS-analoge Funktion (kein WhatsApp)
Nutzbarkeit freier APKs (z.âB. aus F-Droid-Store)
GPS-Empfang
USB-Verbindung zum PC
lange Akkulaufzeit
brauchbare Kamera (RĂŒckseite)
Die Angebotspalette ist zwar riesig, aber wollte keine âtragbare Abhörwanzeâ. Schlechte Erfahrungen mit Windows und fehlende bei Apple lieĂen somit einige GerĂ€te bereits auĂen vor, desweiteren reine Google-GerĂ€te und deren Ableger. Egal ob Samsung, LG, Lenovo o.âĂ€. - alle bringen sie ĂŒberflĂŒssigen Krempel mit, der fleiĂig Daten abgreift und an kaum Greifbare weiterleitet.
Zufallsfund
Eine Weile habe ich der schleppenden Entwicklung von Openmoko hinterhergehofft und auch mit einem Fairphone geliebÀugelt. Auch ein Jolla kaum in Betracht: mit Sailfish OS quasi linuxbasiert (allerdings auf Fedora aufbauend).
Dann stieĂ ich auf das Google-freie Volla Phone: wahlweise mit ânacktemâ Android (d.âh. ohne herstellerspezifischen Verbiegungen) oder mit einem âUbuntu-Ablegerâ (Ubuntu Touch) als Betriebssystem.
Das hörte sich gut an und kam meinen WĂŒnschen am weitesten entgegen.
Schwupps, fĂŒr rund 400 ⏠ein GerĂ€t samt HĂŒlle und Schutzfolie erworben und nach Erhalt mit ein paar zusĂ€tzlichen Apps aus dem OpenStore ergĂ€nzt.
Und natĂŒrlich als Telefon genutzt âŠ
Ubuntu Touch BedienoberflÀche Abb. aus Volla Phone Handbuch
Kern-Applikationen
Dateimanager
Galerie
Kalender
Musik
Notizen
OpenStore
Taschenrechner
Terminal
UBports Welcome
Uhr
Wetter
Andere Apps
Die folgenden Anwendungen sind bei Ubuntu Touch vorinstalliert, gelten aber nicht als Core-Apps. Meistens mĂŒssen diese Projekte mit dem System aktualisiert werden, da sie viele Systemdienste nutzen, die nicht unbedingt eine stabile API haben.
Browser (Morph-Browser*)
Kontakte (Adressbuch-App*)
Kamera (Kamera-App auf GitLab)
Externe Laufwerke (Ciborium*)
Medienwiedergabe (Medienwiedergabe-App*)
Nachrichten (Nachrichten-App*)
Telefon (Telefon-App*)
Systemeinstellungen (Systemeinstellungen*)
* auf GitHub, vorinstalliert
GebrauchseinschÀtzung
Im Internet gibt es hinreichend Berichte ĂŒber Tests dieses GerĂ€tes aus Deutschland. Hier möchte ich nur meine persönlichen Feststellungen darlegen.
Im Grunde handelt es sich um ein Gigaset GS290, auf dem als OS ein Ubuntu Touch in Version
Die Inbetriebnahme ist einfach; selbst der eingelegte Zusatzspeicher wird erkannt [es ist mir allerdings nicht gelungen, die Micro-SD im Smartphone zu formatieren].
Die Aktualisierung des Systems funktioniert ordnungsgemÀà â wenngleich das System auf einem Ubuntu 16.04 fuĂt.
Eine Anbindung an den PC klappt einfach ĂŒber den USB-C-Port; man bekommt jedoch nur Zugriff auf das gerĂ€teinterne Homeverzeichnis â phablet genannt â, sprich auf »Documents«, »Downloads«, »Music«, »Pictures« und »Videos«. Die Ordner, in denen bestimmte Apps ihre Daten ablegen, sind nicht derart zugĂ€ngig, was z.âT. schade ist, z.âB. wenn man die Notizen oder AdresseintrĂ€ge extern sichern möchte.
Eine HandhabungseinschĂ€tzung ist gewiss subjektiv, soll aber dennoch fĂŒr einige Apps dargelegt werden.
Die allgemeine GerĂ€tebedienung gleicht der anderer Smartphones: Sperrbildschirm per PIN-Code oder Fingersensor entsperren, App aus der Seitenleiste auswĂ€hlen oder aus der GesamtĂŒbersicht. Letztere lĂ€sst sich nach links wischend ausblenden, wogegen gestartete Apps (mit etwas Nachdruck) nach links âweggewischtâ und nach oben geschlossen werden.
Den Fingersensor habe ich bald wieder deaktiviert, weil ich gewöhnlich die Linse der Kamera auf der GerĂ€terĂŒckseite erwischte statt des Sensors. Eine GerĂ€te-PIN kann man ja auch nutzen.
Ăbrigens erfordert ein Systemneustart nach komplettem Ausschalten auch eine System-PIN. Hier gibt es bereits den 1. Kritikpunkt: Da sich hier zwei Eingabezahlenfelder ĂŒberlagern, hat man Schwierigkeiten, an den OK-Haken zu gelangen, mit der die System-PIN zu bestĂ€tigen ist, welcher aber von Tastatureinblendung ĂŒberdeckt wird âŠ
Ăber das Libertine Tweak Tool lassen sich sonstige unter Ubuntu laufende Programme nachinstallieren. FĂŒr den Normalnutzer hat dies jedoch wenig Sinn, denn ein LibreOffice ist auf dem Smartphone unbedienbar.
Versuchsweise wurde mittels des Tools ein simples Schreibprogramm (gEdit) installiert; auch hier fehlen die nĂŒtzlichen Tastenkombinationen und das ersatzweise MenĂŒ-Geklicke nervt nur. Effektives Schreiben â Fehlanzeige. (Blieben noch Sprachnotizen âŠ)
Fazit
UnzuverlÀssig!
Eigentlich macht das GerÀt alles, was ich brauche. Aber halt nicht dauerhaft.
Man merkt nicht, wenn der Klingelton ausfĂ€llt. Und einfrieren geht schon gar nichtâ!
Nach einem Neubooten erwarte ich auch, dass das System nicht mehrmals hĂ€ngen bleibt âŠ
Die Kamera ist mit ĂŒblichen nicht vergleichbar und nur bei guten LichtverhĂ€ltnissen akzeptabel.
In der UbuntuTouch-Variante ist das Volla Phone nur bedingt empfehlenswert
Insofern ist es fĂŒr mich ein Fehlkauf: ich wollte âbesonders schlauâ sein und habe mich fĂŒr die Ubuntu-Variante des Volla Phones entschieden, aber vielleicht wĂ€re die reine Android-Variante mit Volla OS besser gewesen. Aber ein Hit ist das Gigaset leider auch nicht âŠ
Nachtrag
Inzwischen wurde Ubuntu Touch von diesem GerÀt entfernt und statt dessen das Hersteller-eigene Volla OS darauf installiert.
Es muss sich in der Folgezeit zeigen, ob dieses Smartphone somit alltagstauglich ist âŠ
Und tatsÀchlich, mit dem Android-basierten Volla OS kann man arbeiten !
Linux ist fĂŒr Jeden â aber nicht jeder fĂŒr LinuxâŠ
Ă€hnelt der namensgleichen im Web, setzt aber eine Internet-Verbindung voraus, sodass man auch einfach ĂŒber den Browser auf die Website der BVG gehen kann
wird, falls man vom PC aus zugreift, eigentlich nicht benötigt
erlaubt (nach Entsperrung) zwar den Zugriff auf Dateien auĂerhalb des Homeverzeichnisses, doch wo die Apps ihre Dokumente verbergen, erschlieĂt sich nicht âŠ
bei Sonne OK, aber rasch verpixelnd, wenn Beleuchtung schwÀcher; insgesamt ist die Fotoautomatik schwach
die Kamera kann zwar GPS-Koordinaten empfangen und in den Bildern als EXIF-Daten ablegen, doch erfolgt deren Verortung mehr als 100 km nach Osten (âwillkĂŒrlich) versetzt, also unbrauchbar