Die Originalschreibweise von 1906 wurde beibehalten.
Ergänzte Passagen sind in blau verfasst, erwähnte Personen in grün.
Zirka 7 km südlich von Zittau befindet sich eines der geschichtsträchtigsten Denkmäler Europas.

Baugeschichte.
Oybin als Burg.
Ueber die Baugeschichte des Oybin sind wir verhältnismäſsig gut unterrichtet durch die in der Zeit von 1363–87 angelegten Jahrbücher des Zittauer Stadtschreibers Johann von Guben und die Commentarii rer. lusat. des Manlius aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, der als Quellen die ältesten Zittauer Annalen und das verloren gegangene Chronicon Oybinense benutzte. Weiteres findet sich in Zittauer Stadtchroniken, in den Görlitzer Annalen des Scultetus und bei Carpzov, Analecta.
Johann von Guben schreibt über die Erbauung der Burg „Eyn lantherre waz gesessen by der Lypen, der his her Quale, dez selbin was das gebirge yensit bis an die leype. … Der bwete von ersten den Owben. Do noch etliche czyt vorginc her vnd bleyb vnge= bawt wol XX yar.“ Diese Erbauung durch Qualo von Leipa muſs bald nach der Mitte des 13. Jahrhunderts erfolgt sein, da der Name des Erbauers zu dieser Zeit in Urkunden als Chwalo de Zitavia und Chwal von Lippa vorkommt.
Das von Qualo erbaute Haus war klein und nur von Holz und Lehm ausgeführt („Quahlus tugurium lignis argillaque compactum extruxit.“ Manlius, Comm. lus. VI, cap. 28.)

Johann fährt fort: „Dez bwten yn di herren wedir, di do sosen vf dem burcberge vnd rowbten vo dem Oyben … dez czogen die lowte, di hi weren, und zubrochen das hws.“
Wer die „Herren auf dem Burgberge“ waren, ist nicht klar; man vermutet, Lehnsleute des Markgrafen Otto von Brandenburg, der 1278–83 Zittau als Lehen besaſs.
1290 erwähnt eine Urkunde (Emler, Regesta dipl. necnon epist. boh. et morav.) wieder einen Leipaer, Ztenco de Moibin, als Zeugen.
Auch der Bau der Herren vom Burgberge war wohl mehr ein befestigter Hinterhalt als eine Burg. Reste des Baues lassen sich nicht mehr nachweisen. Die älteste Anlage dürfte auf dem Gipfel hinter der Kirchenruine zu suchen sein. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, daſs die am Rande dieser Plattform stehende Mauer, die aus ziemlich gleichmäſsig bearbeiteten, schichtweise vermauerten und mit Zangenlöchern versehenen Bruchsteinen aufgeführt ist, jener ersten beziehentlich zweiten Erbauung im 13. Jahrhundert angehört.
Auf die jetzige Anlage der Burg Oybin bezieht sich dagegen, was Johann des weiteren berichtet: „Do noch lac der Oyben vngebwet biz an den von der lypen. Do dez dy stat waz, der richte do selbist vf den steyne vf eyn bergfried. Do noch by synen geziten lac iz wust dry yar. Do noch liz der von der lipen den Oyben muern alz her noch sted biz an den hutegen tag.“
Der „von der Lipen“ ist, wie aus dem Zusammenhang bei Johann von Guben hervorgeht, Heinrich von Leipa, der einfluſsreichste böhmische Vasall im Anfange des 14. Jahrhunderts, den Joh. von Guben als den bekanntesten Leipaer stets nur als „den von der Leipen“ bezeichnet. Aehnlich lautet die Stelle bei Manlius: Ab eo Leipense post triennium desolata munitio caementis est refecta, turris altior, sub qua clibanus est hodie excitata, et muro locus undique cinctus. (Comm. rer. lus. lib. VI, cap. 28.)
Heinrich von Leipa besaſs Zittau 1310–19; 1311 und 1315 war er in Zittau. Während in der Schenkungsurkunde von 1310 neben Zittau die Burg Rohnau aufgeführt ist, Oybin aber nicht, leistete Heinrich 1316 auch mit Oybin Bürgschaft bei Lösung aus seiner Gefangenschaft.
Dieser Zeit gehört wahrscheinlich die heutige Burganlage in ihren wesentlichen Teilen an, und zwar: die beiden Tortürme, die Zwingermauer, die westliche Burgmauer und der auf der Westseite des Felsens erhaltene Teil J: ferner wohl noch Teile des Hauses N vor der Kirche (vergl. Fig. 130, 131, 132). Man erkennt diese Bauten an den kleinen unregelmäſsig zugehauenen Bruchsteinen, die ohne ausgesprochene Schichtung vermauert sind und sich deutlich von dem jüngeren Material unterscheiden.

1319 gelangte der Oybin durch Tausch an den König Johann von Böhmen, der ihn an Herzog Heinrich von Jauer auf Lebenszeit verpfändete. Jach Johann von Guben 1343 (nach andern 1344) „wart der Oyben dirstegen von dez volg von Michelsberg“. Nach dem 1346 erfolgten Tode Heinrichs von Jauer fiel Oybin an die Krone Böhmens zurück. Damit trat Kaiser Karl IV. in die Geschichte des Oybin ein.
Manlius berichtet von einer Belagerung des Oybin durch Karl. Doch ist dieser 1348 auf dem Durchmarsch nach Brandenburg nur vorübergehend in Zittau gewesen. Keinesfalls ist aber an eine Zerstörung der Burg zu denken, da Johann ausdrücklich vom Oybin schreibt: „als her noch sted biz an den hutegen Tag“, und da von einer Wiederherstellung oder einem Neubau unter Karl IV. nirgends die Rede ist.
Beim Jahr 1364 schreibt Johann: „Donach in dem selben jare bwte dese stat (Zittau) daz gemach vf dem Oyben kegin der stat noch geheyse dez Keyserz.“ Manlius bestätigt dies.
Offenbar ist der langegestreckte rechtwinklige Bau am Nordrande des Felsens gemeint, der sich durch die andere Beschaffenheit seines Mauerwerks sowie durch den mangelhaften Anschluſs an den Leipaschen Bau tatsächlich als jüngerer Anbau erweist. Der sehr bescheidene Bau sieht freilich einem „Kaiserbau“ nicht gleich. Die noch vorhandenen Gewölberippen (vergl. S. 173) gehören dem 15. Jahrhundert an. Sollte vielleicht auch der ganz Bau dieser Zeit entstammen, nachdem der ältere baufällig geworden war ? Jedenfalls ist damals manches geändert worden.


[nach Angaben der „Beschreibenden Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen.“
29. H.: Amtshauptmannschaft Zittau. 1906.]
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